: Griefahn nicht auf Stand der Technik
■ Aber es regiert sich leichter: Mülldeponie in Billigversion
Hannover (taz) – Termingerecht nach der Niedersachsenwahl hat das Unweltministerium in Hannover die Erweiterung der Sonderabfalldeponie Hoheneggelsen um eine neue Grube für 450.000 Tonnen Giftmüll bekanntgegeben. Das jetzt von der SPD allein regierte Land will dafür „auf einen bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß aus dem Jahre 1985“ zurückgreifen, von dem keineswegs sicher ist, daß er heute noch erteilt werden dürfte. Das Umweltministerium gab zugleich bekannt, daß es seinen Antrag auf eine modernere, sogenannte Ringschachtdeponie für Hoheneggelsen zurückgezogen hat.
Den Verzicht begründete das Ministerium „vor allem mit dem drastischen Rückgang der Sonderabfallmengen“. Allerdings hatte die zuständige Bezirksregierung Hannover bereits Ende letzten Jahres dem Ministerium mitgeteilt, daß es eine Ringschachtdeponie in der beantragten Form nicht zu genehmigen gedenke. Aber die Bedenken, die die Bezirksregierung damals anführte, gelten erst recht für die jetzt vorgesehene Einlagerung von Giftmüll in einer neuen Grube: Die seit Juni 1993 geltende technische Anleitung Abfall verbietet im Grundsatz die Errichtung von Mülldeponien in Gruben, die in das Grundwasser hineinreichen und bei denen das Sickerwasser aus der Mülldeponie nicht unten aufgefangen werden kann.
Eine Ausnahme läßt die technische Anleitung Abfall nur noch zu, „wenn der Untergrund aus sehr gering durchlässigen Böden oder Gesteinsschichten besteht“. Nach Auffassung der Bezirksregierung Hannover ist dies in Hoheneggelsen nicht der Fall. Deswegen dürfe man auch Ringschächte aus Beton nur in größeren Tiefen mit Giftmüll füllen.
Die alte Genehmigung, auf deren Grundlage jetzt die Deponie erweitert werden soll, sieht aber gerade die Einlagerung im oberen, weniger dichten Tongestein vor. Zwar hat das Unweltministerium jetzt noch zusätzliche Sicherungsmaßnahmen vorgesehen – so sollen die Abfälle in der Grube schichtweise mit Folien abgedichtet und soll der ganze Polder mit einer Beton- und Folienhülle umgeben werden. Doch in ihrem Zwischenbescheid zur Ringschachtdeponie hatte die Bezirksregierung solche zusätzlichen technischen Sicherungen als nicht ausreichend angesehen.
„Entsorgungssicherheit auf höchstem Stand der Technik“, versprach das Umweltministerium, zu den Vorbehalten der Bezirksregierung erklärte die Sprecherin der Ministerin nur: „Diese Bedenken teilen wir.“ Es folgt nur nichts daraus. Monika Griefahn persönlich hatte vor Monaten noch versprochen, daß eine neue Giftmüllgrube in Hoheneggelsen zumindest durch eine Überdachung vor Wasserzufluß von oben geschützt werden solle. Auch davon ist jetzt keine Rede mehr. Ein solches Dach würde ein öffentliches Anhörungsverfahren nach dem niedersächsischen Naturschutzgesetz erforderlich machen und könnte auf diesem Wege zu Klagen gegen die alte Genehmigung führen, die man offenbar auf jeden Fall vermeiden will. Jürgen Voges
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