Skandale pflastern ihren Weg

■ Die CSU nach Strauß: Eine Chronik der Rücktritte

Berlin (taz) – Seit Franz Josef Strauß' plötzlichem Tod im Jahre 1988 taumelt die CSU von einer Krise in die nächste. Zum politischen Bedeutungsverlust infolge der Wiedervereinigung kamen hausgemachte Skandale en masse: Was unter Strauß noch als Kavaliersdelikt galt und mühelos ausgesessen werden konnte, das brach in der Ära nach FJS den Christsozialen reihenweise das Genick. Eine (beliebig zu erweiternde) Chronik von Affairen, Skandalen und Rücktritten bei den Christsozialen:

15.3.1989: Gerold Tandler gerät erstmals in die Schlagzeilen. Der Münchner Landtag beschließt, daß sich ein Untersuchungsausschuß mit seinen privaten Immobiliengeschäften beschäftigen muß.

28.3.1990: Der Münchner CSU- Chef Erich Kiesl wirft nach einem Desaster bei den Kommunalwahlen auf Druck von Theo Waigel das Handtuch. Nachfolger wird ausgerechnet Peter Gauweiler, damals noch Innenstaatssekretär.

17.1.1991: Ex-Umweltminister Alfred Dick spricht vor der niederbayerischen CSU-Bezirksversammlung. „Egal, es ist vorbei. Heil Hitler“, beendet er seine Rede. „Das ist mir so herausgerutscht“, entschuldigt er sich später. Dick kann nicht zurücktreten. Streibl hatte ihn zuvor schon in die Wüste geschickt.

31.1.1992: Siegfried Lengl, Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium in Bonn, wird von seinem Parteikollegen Carl-Dieter Spranger in den Ruhestand geschickt. Lengl hatte u.a. den Hauptverantwortlichen für das Pekinger Massaker von 1989 mit einer herzlichen Umarmung begrüßt.

Januar 1993: Erich Riedl, Staatssekretär und Rüstungslobbyist im Bonner Bundeswirtschaftsministerium, verschwindet von seinem Posten. Mit dem Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Möllemann wird auch Riedl entbehrlich.

12.2.1993: Edmund Stoiber muß zugeben, daß er zwischen 1978 und 1980 auf Kosten des Rüstungsunternehmens Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB) dienstlich und privat Flüge unternommen hat. Nach Stoibers Darstellung hatte Franz Josef Strauß die Flüge vermittelt.

16.2.1993: Ministerpräsident Max Streibl muß zugeben, daß er mehrfach „zu Testzwecken“ von BMW neue Motorräder erhalten hat.

26.5.1993: Die Amigo-Affaire wirft Ministerpräsident Max Streibl aus dem Amt. Streibl hatte sich unter anderem seine Urlaubsreisen auf eine brasilianische Hazienda von dem Flugzeugbauer Burkhart Grob spendieren lassen. Edmund Stoiber wird neuer Ministerpräsident. Er verspricht, die CSU aus den Skandal-Schlagzeilen zu bringen.

17.6.1993: Stoiber stellt sein neues Kabinett vor. Wirtschaftsminister August Lang muß seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger wird Otto Wiesheu. Er hatte 1983 in alkoholisiertem Zustand mit seiner Limousine einen polnischen Kleinwagen gerammt. Ein Rentner kam dabei ums Leben, Wiesheu erhielt ein Jahr Haft auf Bewährung. FJS schickte Wiesheu als Geschäftsführer der Hanns-Seidel-Stifung in die Warteschleife.

November 1993: Ex-Ministerpräsident Max Streibl trifft den Chef der rechtsextremen „Republikaner“ Franz Schönhuber „rein privat“.

19.2.1994: Umweltminister Peter Gauweiler wird wegen der Kanzleiaffäre aus dem Amt getragen. Außerdem war Gauweiler wegen der Hilfe für einen stadtbekannten Münchner Ganoventreff unangenehm aufgefallen. Gauweiler darf den Münchner CSU-Vorsitz behalten.

21.2.1994: Ministerpräsident Stoiber gerät ins Zwielicht: Er habe, berichtet der Spiegel, 1983 auf Kosten des Steuerflüchtlings Eduard Zwick Urlaub in Südfrankreich gemacht.

März 1994: Es wird bekannt, daß Ex-Ministerpräsident Max Streibl und der verstorbene Franz Josef Strauß jahrelang hohe Zusatzeinnahmen aus einer privaten gemeinnützigen Stiftung erhalten haben.

17.3.1994: CSU-Vize Gerold Tandler stolpert über die Zwick- Affaire. klh