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Lokalkoloratur

Macht Hamburg aggressiv? Der für seine sanften Songs bekannte Hamburger Liedermacher Rainer Bielfeldt wurde gebeten, sich über seine Heimat zu äußern, und flugs wurde aus dem musikalischen Schmusekater ein hanseatisches Raubtier. Fünf Dinge dürfe eine lebenswerte Stadt nicht haben: Einen Sackbahnhof, eine Einwohnerzahl unter einer Million, eine Sperrstunde, Menschen, die Dialekt sprechen und schwule Läden, die „Why not“, „Coming-in“ oder „-out“ heißen. Klar, daß ihm da kaum noch Auswahl bleibt: Berlin etwa habe „im Grunde genommen überhaupt keinen Bahnhof“, und die dort lebenden „schlechtesten Autofahrer der Welt“ hätten einen auf „icke, icke, du, Arschloch“ reduzierten Wortschatz. Lübeck sei langweilig, in Marburg gebe es nach 11 Uhr abends kein warmes Essen und in Würzburg nach 11 Uhr morgens kein Frühstück. Gießen sei doof. Am Ende seiner Aufzählung resümiert Bielfeldt konsequent: „Ach ja: Hamburg ist schön“. Hoffentlich sagt dem Lokalpatrioten niemand, daß in Altona ein Sackbahnhof steht und schleift ihn dann noch ins „dialektische“ Ohnsorg-Theater. Wo anders als hier könnte er sich nach diesem Buchbeitrag schließlich noch blicken lassen? Eine kleine Gnadenfrist bleibt dem Sänger: Das Buch „Ein Ort, Überall“, in dem sein fieser Beitrag steht, erscheint erst Anfang April. weh

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