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Unterm Strich

Zum Schluß noch mal ein „Lesemarathon mit prominenten Autoren“, ein letzter Strich über den Parcours – und tschüs und ab: Für dieses Jahr ist die Leipziger Buchmesse wieder rum, am Sonntag „schloß sie ihre Pforten“, wie man in solchen Fällen zu formulieren pflegt. Die Stunde der Pressesprecher: Verlauf und „Akzeptanz“ der Messe seien in diesem Jahr „sehr erfreulich“ gewesen, war – etwas freudlos – von seiten des für derstilige Verlautbarungen zuständigen Rudolf Hubner zu vernehmen. Auch der westeuropäische Verlegerverband FEE/FEP, vertreten durch dessen Präsident Volker Schwarz, beeilte sich, der „osteuropäischen Buchbranche“ Geleitschutz „auf dem Weg in die freie Marktwirtschaft“ zuzusichern, während eilends erstellte Studien den Hobby-Leser, die sogenannte Leseratte, neu entdeckten. Wenn's mit rechten Dingen zugeht, gehört Lesen für die Studenten an ostdeutschen Hochschulen zu den „liebsten Freizeitbeschäftigungen“. 87 Prozent gaben an, in den letzten drei Monaten was Belletristisches gelesen zu haben. Pferdefuß für die Buchhändler: Diese Bücher sind allergrößtenteils nicht selbst gekauft, sondern „von Freunden und Verwandten geliehen“.

Absoluter Hit der Messe war aber wohl Christa Wolfs Lesung anläßlich ihres 65, Geburtstags im hoffnungslos überfüllten Hauptlesesaal der Deutschen Bücherei in Leipzig – einem Ort, an dem, wie dpa- Korrespondent Mommert schwärmt, „die Vergangenheit noch mit Händen zu greifen ist“ („riesige holzgetäfelte Wände“, Sie verstehen?). Es war Wolfs zweiter großer Auftritt seit Ende Februar, als sie die gern gezeigte, symbolträchtige, darüber hinaus noch recht geräumige Semper-Oper, gewissermaßen das Wembley-Stadion der höheren ostdeutschen Kultur, bis auf den letzten Platz gefüllt hatte. Auch diesmal kam es zu „teils tumultartigen Szenen“, grad so, als wäre Pavarotti ante portas; oder als ginge es um die gelungene Übertragung des Monsters-of-Rock-Prinzips auf die Literatur. Mommert: „Der starke Andrang zu der Veranstaltung schien den Hausherrn zu überfordern, jedenfalls mußte er den gesammelten Unmut der sich in Gängen und auf den Treppen drängenden Zuhörer mit lauten Äußerungen über sich ergehen lassen, als er von der großen Tradition der nun mit der Bibliothek in Frankfurt vereinigten Deutschen Bücherei in Leipzig erzählen wollte. Der arme Mann, der zur Entschuldigung darauf verwies, daß sich kein größerer Saal in Leipzig hatte finden lassen, wurde regelrecht vom Podium gefegt, alle wollten nur ,ihre Christa‘ hören. Die wurde dann wie ein willkommener Staatsgast von ihren Verehrern empfangen, die sich beim stürmischen Begrüßungsapplaus von ihren Plätzen erhoben, während von der Empore ein vielstimmiges ,Happy birthday, liebe Christa!‘ erklang.“ Mommert schließt mit F. Schorlemmer (der kurz zuvor eine Geburtstags-Laudatio gehalten

hatte), Christa Wolf sei nun ja wohl wieder „Identifikationsfigur“. „Es hat den Anschein, als ob sogar die Offenlegung der lange zurückliegenden IM-Tätigkeit Christa Wolfs für die Stasi einen verstärkten Solidaritätseffekt ausgelöst hat.“

Gestorben: die schwedische Schauspielerin Mai Zetterling (im Alter von 68 Jahren in London). Zetterling, die auch Drehbücher schrieb und Regie führte, war vor allem durch ihre Rolle in „Only Two Can Play“ mit Peter Sellers und als Partnerin von Anjelica Huston in „The Witches“ bekannt.

An Björn Engholm haben wir doch echt was verloren: Haltung, Esprit, Würde im Scheitern, ein Stück weit Lebenskultur, all so was. Auf die Frage „Hören Sie im Auto immer noch vor allem Mozart?“ antwortete er dem Magazin der Süddeutschen: „Mein Musikgeschmack hat sich in den letzten Monaten ein bißchen gedreht. Weniger Klassik, weniger Mozart, eher Mendelssohn und Bruch. Aber ich höre zur Zeit am liebsten die großen Rocksongs der siebziger Jahre. Viel von Deep Purple oder so ein Lied wie ,Whole Lotta Love‘ von Led Zeppelin. Das hat sicher mit einer gewissen melancholischen Grundstimmung zu tun.“ Schade, daß er nicht verraten hat, was von Deep Purple er nudeln läßt: „Highway Star“? „Child in Time“? „Smoke On The Water“? Aber Klasse — um Längen besser als Scharping, der im kugelsicheren Regierungsmercedes wahrscheinlich Galliano hört.

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