: Nicht eine Stimme für die SPD
■ Hallig Gröde wählt gegen den Trend / Kiel: Verluste für SPD und CDU, Erfolg für Grüne
Kiel (dpa/taz) – Null Stimmen für die Sozialdemokraten, 79 Prozent für die CDU: Die Hallig Gröde (13 Wahlberechtigte) machte bei den gestrigen Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein Helmut Kohl die größte Freude. Bei 100 Prozent Wahlbeteiligung erhielten die Christdemokraten dort zehn Stimmen, die Wählergemeinschaft Nordfriesland errang drei Stimmen.
Ansonsten allerdings ergaben erste Trendmeldungen deutliche Verluste für die Christdemokraten. Die SPD mußte noch stärkere Einbrüche verzeichnen. In der Landeshauptstadt Kiel verloren die Sozialdemokraten knapp 10 Prozent und kamen nur noch auf etwa 41,5 Prozent der Stimmen. Die CDU sackte von 32,8 auf 29 Prozent ab. Eindeutiger Gewinner waren hier die Grünen, die sensationell von 7,8 auf 15 Prozent zulegten. Die FDP dagegen ist weiter im Negativ-Trend: Sie kam in Kiel nur noch auf 3,6 Prozent (1990: 5,4 Prozent). Die zum ersten Mal angetretene „Stadt Union Kiel“ fuhr dagegen auf Anhieb 9,6 Prozent der Stimmen ein.
Nach ersten Trends verloren gestern SPD und CDU die Kommunalwahlen. Die Grünen sind danach mit knapp 10 Prozent die Wahlsieger. Die FDP kommt nach den Schätzungen auf unter 5 Prozent. Die Sozialdemokraten erhielten danach um die 38 Prozent. Die CDU rutschte auf etwa 37 Prozent.
Die Deutschen scheinen des Wählens doch nicht müde werden zu wollen. Bei der Wahlbeteiligung zeichnete sich gestern nachmittag eine höhere Beteiligung als vor vier Jahren ab. Rund 70 Prozent der Wahlberechtigten gingen zu den Urnen. Vor vier Jahren hatte die Wahlbeteiligung bei 69,4 Prozent gelegen. Das Wahlergebnis zwischen Nord- und Ostsee gilt als zweiter aktueller Gradmesser für die politische Stimmung in Deutschland im Superquwahljahr 1994, obwohl knapp 50 Prozent der Wähler unter regionalen Gesichtspunkten abstimmen wollten. In Niedersachsen hatte die SPD bei den Landtagswahlen vor einer Woche die absolute Mehrheit der Mandate errungen.
Insgesamt 2,1 Millionen Bürger waren gestern in Schleswig-Holstein aufgerufen, ihre Stimmen zur Neubesetzung von insgesamt 13.007 Mandaten in den Gemeinde- und Kreisparlamenten abzugeben. Die Sozialdemokraten waren bei der Kommunalwahl im Norden vor vier Jahren mit 42,9 Prozent erstmals auch stärkste politische Kraft in den Kommunen geworden. Die CDU kam nach jahrzehntelanger Dominanz mit 41,3 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. Die FDP lagen bei 6,1 Prozent, die Grünen kamen auf 6,0 Prozent.
In allen elf Kreisen und vier kreisfreien Städten waren SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Grüne „flächendeckend“ angetreten. Der „Südschleswigsche Wählerverband“, die Partei der dänischen Minderheit, kandidierte nur in der Nordhälfte des Landes. Rechte Parteien traten auf Kreisebene nur vereinzelt an, an den Gemeindewahlen in den kreisangehörigen Gemeinden nahmen sie gar nicht teil. Ein starkes Gewicht haben in Schleswig-Holstein traditionell freie Wählergruppierungen. Bis gestern gingen rund 150.000 Briefwahlstimmen ein. Den weitesten Weg legte ein Wahlbrief aus Papua-Neuguinea zurück. klh
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