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Tunnelplaner gucken in die Röhre

■ Planfeststellungsverfahren für die Tiergarten-Tunnel abermals verschoben / Neuer Termin jetzt Ende April

Das Planfeststellungsverfahren für die Tunnelprojekte unter dem künftigen Regierungsviertel und dem Tiergarten verzögert sich abermals. Statt wie vorgesehen am 1. April soll das Planverfahren für einen kombinierten Fern- und Regionalbahn-, einen U-Bahn- sowie den Straßentunnel jetzt offiziell am 28. April beginnen. Die Bauverwaltung bestätigte das neue Datum auf Anfrage. Ursprünglich sollte das Verfahren zur rechtlichen Festsetzung der Tunnelvorhaben bereits im August vorigen Jahres eingeleitet werden. Doch auch ein neuer Termin im Oktober ließ sich nicht halten: Nach dem Verzicht auf den Bau eines neuen S-Bahn-Tunnels mußte man die Planungen erst zu wesentlichen Teilen überarbeiten.

Durch die Verschiebung des Planverfahrens stehen die Tunnelbauer unter Zeitdruck. Der Senat will, daß die vier Milliarden Mark teuren Röhren bis Ende 1997 wenigstens im Rohbau fertiggestellt sind, damit anschließend im Spreebogen mit den Regierungsbauten begonnen werden kann. Um diese Terminvorgabe einzuhalten, setze man für das Planfeststellungsverfahren nur die äußerst kurze Zeitspanne von zwölf bis 15 Monaten an, sagte Ulrich von Bismarck, Projektleiter für die Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich aus der Bauverwaltung.

Die Bahnplaner in der Verkehrsverwaltung schließen allerdings nicht aus, daß sich der Bau der Betonröhren durch Klagen gegen die Planfeststellung verzögert. So kündigte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bereits ein gerichtliches Vorgehen an. Der BUND hält das vorgesehene einheitliche Planfeststellungsverfahren für alle Tunnelprojekte unter Federführung der Deutschen Bahn AG für unzulässig. Dabei verlören die Umweltverbände das im Berliner Naturschutzgesetz verbriefte Recht auf eine Verbandsklage gegen den U-Bahn- und den Straßentunnel, heißt es in einem juristischen Gutachten.

Wie berichtet, geht die Bahn AG anders als der Bausenator selbst unter günstigsten Voraussetzungen von einer Mindestdauer des Planverfahrens von 22 Monaten aus. Demnach wären die Tunnel im Spreebogen frühestens Ende 1998 im Rohbau fertig.

Vor dem Hintergrund eines Etatdefizits von 900 Millionen Mark scheint es unterdes bei der Bahn AG Überlegungen zu geben, den Tunnel für die Fern- und Regionalbahn zunächst nur zwei- statt viergleisig auszubauen. Norbert Rheinländer von der Bürgerinitiative Westtangente (BIW): „Der Präsident der Bahn AG in Berlin, Werner Remmert, hat uns gegenüber vom möglichen Bau von vorerst zwei Tunneln als Zwischenlösung gesprochen.“

Aus verkehrlichen Gründen beharren wenigstens die Bahnplaner beim Verkehrssenator aber weiter auf einem viergleisigen Eisenbahntunnel. Ein Planer: „Ein nur zweigleisiger Bahntunnel wäre ein falsches Signal in Richtung des Autoverkehrs, denn dann ließen sich keine zusätzlichen neuen Bahnverbindungen in Nord-Süd-Richtung mehr schaffen.“ Das jetzige Pilzkonzept der Bahn berücksichtige ohnehin nur zehn Prozent des gesamten Schienenfernverkehrs von und nach Berlin, was „eigentlich ein Witz“ sei.

Nach den vorliegenden Informationen denkt die Bahn seit der positiven Transrapid-Entscheidung des Bundeskabinetts „verschärft“ über die Sparvariante des Nord-Süd-Tunnels nach. „Der Bahntunnel wird viergleisig ausgebaut, das bestätigten mir meine Bauleute“, erklärte demgegenüber Bahn-Sprecher Wilfried Modeß-Hahn. Laut Auskunft aus dem Bonner Verkehrsministerium hat die Bahn dort bis jetzt nicht offiziell den Wunsch nach einem um zwei Gleise abgespeckten Nord- Süd-Tunnel geäußert. Generell sei die Bahn AG aber dabei, nach der Strukturreform alle Schienenverkehrsprojekte aus ihrer Sicht heraus nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis neu zu bewerten, so ein Bonner Beamter. Thomas Knauf

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