Noch fließt alles

■ Zum internationalen „Tag des Wassers“ in der umgedrehten Kommode

Wasser ist eins der kostbarsten Elemente auf der Erde. Daher haben die Vereinten Nationen den 22. März eines jeden Jahres zum internationalen „Tag des Wassers“ erklärt. An diesem Tag sollen Städte und Staaten das Bewußtsein ihrer BürgerInnen für das nasse Element bilden. Da in den meisten Ländern der Erde die ausreichende Versorgung mit Trinkwasser nicht gesichert ist, sollen die Bürger mindestens dieses eine Mal im Jahr darauf hingewiesen werden.

Die BremerInnen können sich eigentlich nicht über eine mangelnde Versorgung mit Wasser beklagen. Regnen tut es oft und gern, die Wasserhähne und Klospülungen versagen auch nur selten ihren nassen Dienst. Für gleichbleibende Qualität nach der Trinkwasserversorgung sorgen die Stadtwerke, für ausreichend Wasser die Natur.

Zur ersten ,Wasserprobe' des internationalen Tages hatten die Wasserwerke der Stadt Bremen gestern zwei Führungen durch die „umgedrehte Kommode“ in der Werderstraße veranstaltet.

Der einstige „Stolz der Bürger von Bremen“, so der Leiter der Abteilung Wasserbeschaffung Jürgen Schoer, faßt 1,7 Millionen Liter . Täglich werden sie durch die mächtigen Rohre des Turms vierzig Meter hoch über die Weser gepumpt, um dann mit sechs Litern pro Minute wieder gemächlich nach unten zu fließen. Es fließt und rauscht beständig am Weserufer, muß doch das Wasser innerhalb von 24 Stunden einmal vollständig ausgetauscht sein.

Im obersten Turmzimmer lagert das kostbare Gut, eingesperrt in zwei riesige Tanks. Der ganze Klinkerbau dient nur dazu, die gewaltigen Wassermengen über Normal Null zu halten und bei Stromausfällen das Wassernetz aufrechtzuerhalten. 23 Jahre hatten die Hanseaten im letzten Jahrhundert über das Für und Wieder eines eigenen Wasserturms diskutiert, ab 1870 konnte dann endlich gebaut werden. Aber die eine Million Goldmark waren gut angelegt. Bei den Choleraepidemien um die Jahrhundertwende starben im knickerigen Hamburg Tausende an den Folgen des verseuchten Wassers, die BremerInnen blieben verschont.

„Seit 5. September 1982 wird hier kein Weserwasser mehr benutzt“, sagt Schoer mit Nachdruck, um zumindest unter den rund 20 Besuchern hartnäckige Gerüchte auszuräumen. Obwohl die Weser „Trinkwasserqualität hat“, kommt nur Grundwasser in bremische Leitungen. Bevor jedoch der Kunde das Lebenselixir aus dem Hahn zapfen kann, sind vielfältige chemische Untersuchungen nötig. Früher wurden Schlamm und Schwebteile mittels aufwendiger Kiesbetten aus dem Wasser gefiltert. In Zeiten von immer mehr Pestiziden auf den Äckern und vielschichtigen Industrieabfällen, reicht das schon lange nicht mehr aus. Doch ob organische oder chemische Verunreinigungen, die städtischen Chemiker spüren sie auf. Mit hochmodernem Gerät bestimmen sie Nitrat und Nitrit, Quecksilber und Coli-Bakterien und streben immer ein Zehntel des zugelassenen Grenzwertes an.

Schoer fürchtet „nichts so sehr wie bakteriologische Verunreinigungen“. Die seien nur kurzfristig zu erkennen, würden aber sofort wirken. „Grundwasser ist aber sehr konstant“, weiß Schoer. Das Oberflächenwasser sei den Verschmutzungen durch Schiffshavarien, geplatzte Ölleitungen oder Gülleschwemmen viel stärker ausgesetzt.

Nach der Analyse im Labor wird das Wasser noch stetig im gesamten Stadtgebiet gezapft. Jeden Morgen um sieben holen Angestellte bei den Polizeirevieren Proben. „Die sind immer eine sichere Quelle und über die gesamte Stadt verteilt“, klärt Schoer die staunenden Bürger auf. So können die Chemiker gewiß sein, daß das Wasser auch beim Verbraucher keimfrei ist. Ulrike Fokken