: Genoppt und feucht
■ Wenn sich der Frühling anschleicht, ist im „Condom Mix“ in Prenzlberg die Hölle los
Es gibt Momente im Leben eines Paares, vorzugsweise nach Ladenschluß, da kann nur noch eins helfen: die Telefonnummer von „Condom Mix“ in der Dunckerstraße in Prenzlauer Berg. Am Telefon gibt Frau oder Mann dann die speziellen Wünsche an: gerillt, genoppt, trocken, feucht oder mit Erdbeergeschmack. Und prompt schwingt sich Georg Schmidt in seinen Wagen und liefert die dringende Ware aus. Wer es nicht ganz so eilig hat, kann auch tagsüber bei „Condom Mix“ vorbeischauen.
Das Geschäft präsentiert auf 24 Quadratmetern vom leuchtenden Scherzkondom bis zum Massenverhüterli alles, was sich aus ein paar Gramm Latex machen läßt. Und wer es klassisch mag, bekommt die Gummitütchen als Blumenschmuck verpackt. Die Idee zum Gummi-Haus kam drei Ostberlinern vor zwei Jahren, als sie arbeitslos auf der Straße standen. Weil das Startkapital nicht sehr groß und zudem der Handel mit den Verhüterli krisensicher ist, beschlossen sie, ins Kondom-Geschäft einzusteigen. Die 26jährige Mitinhaberin Kerstin Lorenz erinnert sich: „Zuerst gab es Probleme mit dem Hausbesitzer. Der dachte, wir wollen hier ein Rotlicht-Geschäft aufmachen.“
Um nicht in die Schmuddel- Ecke gedrängt zu werden, haben die drei Jungunternehmer den Laden hell eingerichtet. „Am Anfang sind mehr Frauen als Männer gekommen“, erzählt Lorenz, „die können hier einfach problemloser rein und müssen sich nicht an einem Automaten in der Herrentoilette bedienen.“ Die Verbraucher dürfen sich über einen erstklassigen Service freuen: „Wenn jemand aufkreuzt, der keine Ahnung hat, wie so ein Ding benutzt wird, dann führe ich das auch schon Mal an einem Modell vor“, erzählt Georg.
Immer öfter kommen auch Jugendliche, die ihre ersten Erfahrungen mit Verhütung machen. Dann nehmen sich die drei länger Zeit und leisten Aufklärungsarbeit. Nur wer anzüglich ist, hat keine Chance: So manchen verklemmten „Witzbold“ hat die resolute Kerstin schon aus dem Geschäft geschmissen.
„Wenn den Leuten die Frühlingsluft in die Nase steigt, ist bei uns die Hölle los“, sagt Manuel. Nur zwischen Weihnachten und Neujahr sei eine Ausnahme, da ging der Umsatz auch bei Minusgraden nicht zurück. Und natürlich am Samstag brummt das Geschäft.
Über manche Kunden können die drei Gummi-Händler auch Kurioses erzählen. Georg mußte eine Bestellung an zwei Männer und drei Frauen ausliefern. Die hätten ihn dann auf ein Bier hereingebeten – er solle es sich doch gemütlich machen. Für Georg kein Thema: Er ist verheiratet. Matthias Sobolewski (ADN)
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