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Neue Kraftprobe in Südafrika

■ Regierung auf Konfrontationskurs mit Buthelezi / Wer führt die Zulu-Polizei?

Johannesburg (taz) – In der südafrikanischen Provinz Natal artet der Wahlkampf für die ersten demokratischen und allgemeinen Wahlen zu einer Wahlschlacht im schlimmsten Sinne des Wortes aus. 44 Menschen kamen während der letzten Tage bei Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der konservativen Schwarzenbewegung Inkatha, die die Wahlen boykottiert, und Sympathisanten des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) ums Leben. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen konzentrierten sich gestern auf den Flecken Sonkombo in dem Ort Ndwedwe bei Durban.

Als Folge der Untersuchungen der Goldstone-Kommission, die in der vergangenen Woche Waffenschiebereien und Mordkampagnen durch Polizeigeneräle in Zusammenarbeit mit Inkatha enthüllt hatte, zeichnen sich gleichzeitig Versuche ab, die Macht von Inkatha-Chef Mangosuthu Buthelezi zu beschneiden. Denn in dem Untersuchungsbericht findet sich eine Fülle von Material gegen die Polizei von KwaZulu, dem von Südafrika in Natal eingerichteten Homeland, in dem Buthelezi als Chief Minister regiert.

Danach gehören KwaZulu-Polizisten zu sogenannten „Hit- Squads“, die politische Gegner umbringen. Der Polizei in Natal liegen laut dem Goldstone-Bericht über 100 Fälle vor, in denen KwaZulu-Polizisten als Mitglieder solcher Todesschwadronen agierten. Eine von Staatspräsident Frederik W. de Klerk im November des vergangenen Jahres persönlich angeordnete Untersuchung dazu war noch von Polizeigenerälen gestoppt worden.

Nach Informationen der taz ist auch Südafrikas Polizeichef Johan van der Merwe in den Skandal verwickelt. Allerdings hatten ANC- Vorsitzender Nelson Mandela und Präsident de Klerk im vergangenen Jahr vereinbart, daß der Polizeichef im Rahmen des politischen Proporzes auch nach den Wahlen Ende April als Polizeichef im Amt bleiben solle. Inzwischen kündigte van der Merwe selbst an, daß er möglicherweise seinen Hut nehmen werde, weil das Vertrauen in seine Person erschüttert worden sei. Drei Polizeigeneräle, die in dem Goldstone-Bericht persönlich genannt wurden, haben inzwischen Klage eingereicht. Der Pressesprecher der Polizei stellte sich öffentlich vor die drei Offiziere. Ungeklärt ist jetzt auch, ob Polizeiminister Hernus Kriel, ein Hardliner, im Amt bleibt.

Die südafrikanische Regierung erwägt nun, die Führung der KwaZulu-Polizei auszuwechseln und die bisher Buthelezi unterstehenden Beamten der eigenen Kontrolle zu unterstellen. Sowohl die Regierung wie auch der ANC hoffen, damit die Machtbasis von Mangosuthu Buthelezi schmälern zu können. Der Inkatha-Vorsitzende hatte noch am Montag vor Geschäftsleuten gesagt, sie würden von der „gegenwärtigen Regierung irregeführt“, wenn de Klerk ihnen Stabilität und Wachstum verspreche. Buthelezi: „Ich sehe nicht, daß viele Leute in KwaZulu/ Natal wählen wollen.“ Gestern behauptete er, der ANC habe Pläne zu seinem Sturz in der Schublade liegen und wolle eine Intervention der südafrikanischen Armee in KwaZulu herbeiführen.

Südafrikas Unabhängiger Wahlrat sucht unterdessen nach Wegen, ein Debakel in der Provinz am Indischen Ozean zu vermeiden. Am Montag traf sich der Vorsitzende, Richter Johann Kriegler, zu einem 90-Minuten-Gespräch mit de Klerk und Mandela. Beide mußten während der vergangenen Wochen Wahlkampfveranstaltungen wegen unklarer Sicherheitslage in Natal absagen. Am heutigen Mittwoch will Kriegler sich mit Buthelezi treffen. Das Ziel, laut einem Funktionär des Wahlrats: „Krieglers Botschaft ist eindeutig: Das Spiel ist vorbei.“ Die südafrikanischen Streitkräfte haben bereits zusätzliche Truppen nach Natal verlegt. Am Freitag der vergangenen Woche hatte Zulu-König Goodwill Zwelethini die Souveränität eines eigenen Königreiches proklamiert. Willi Germund

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