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Das Bündnis knipst die Ampel aus

■ Bündnisminister bleiben in der Regierung, Fraktion verläßt Koalition / SPD/FDP-Minderheitsregierung

Potsdam (taz) – Die brandenburgische Bündnisfraktion ist gestern an der unterschiedlichen Bewertung der Stasi-Kontakte von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) auseinandergebrochen. Der Fraktionsvorsitzende Günter Nooke blieb bei seinem massiven Vorwurf gegen Stolpe. Daraufhin haben die Umweltminister Mathias Platzeck (parteilos) und Bildungsminister Roland Resch (Bündnis 90/ Die Grünen) mit der Begründung, es gebe „unauflösbare Konflikte“, die Fraktion verlassen.

Es zeichnete sich gestern nachmittag ab, daß die SPD-Fraktion den Koalitionsvertrag mit dem Bündnispartner kündigen wird. SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler sagte: „Wenn Nooke seine Vorwürfe gegen Stolpe nicht zurücknimmt, dann ist die Koalition mit Sicherheit geplatzt.“ In den Abendstunden sollte der Koalitionsausschuß endgültig entscheiden. Zu dem Koalitionsbruch war es nach einer mehrstündigen heftigen Diskussion der Bündnis-Fraktionsmitglieder gekommen. Bündnis-Fraktionschef Günther Nooke erklärte sich auch gestern nicht bereit, den Vorwurf, Stolpe habe den Untersuchungsausschuß in Sachen Verdienstmedaille belogen, zurückzunehmen. Diese Ansicht ihres Fraktionschefs teilten Platzeck und Resch jedoch nicht. „Der Konflikt war schließlich nicht überbrückbar“, rechtfertigte Platzeck gestern seinen Austritt.

Nach der Fraktionssitzung informierten die beiden Minister zusammen mit Fraktionschef Günther Nooke den Ministerpräsidenten über den Bruch der Fraktion. Mathias Platzeck und Roland Resch teilten Manfred Stolpe mit, daß sie ihre Ministerposten trotzdem nicht aufgeben wollen. Stolpe hat sich mit dem Verbleib der beiden Minister in seinem Kabinett einverstanden erklärt.

Sollte es tatsächlich zum Bruch der Ampelkoalition kommen, fehlen der verbleibenden Koalition aus Sozialdemokraten und FDP vier Stimmen zur Mehrheit im Landtag. Platzeck und Resch hatten zwar in der Bündnis-Fraktion Stimmrecht, besitzen aber keine Landtagsmandate. Über diese „Minderheitenregierung“ läßt sich SPD-Fraktionschef Birthler aber keine grauen Haare wachsen: „Es stehen schon Abgeordnete bei uns Schlange, um unseren Beschlüssen zur Mehrheit zu verhelfen.“

In der Tat hatte CDU-Fraktionschef Dieter Helm am Montag erklärt, er würde eine Minderheitenregierung tolerieren. Gleichzeitig forderte aber sein Generalsekretär Thomas Klein Stolpe zum Rücktritt auf. Ein einheitliches Votum war gestern von der desolaten brandenburgischen CDU nicht zu bekommen. Fraglich ist auch, ob die FDP die beiden von der Bündnis-Fraktion entsandten Minister weiterhin im Kabinett akzeptieren wird.

Der Stolpe-Untersuchungsausschuß vernahm gestern den früheren Stasi-Mitarbeiter Günter Lange. Der Mann, der die Belegungslisten für die Stasi-Villa „Wendenschloß“ führte, wollte nicht ausschließen, daß das für den 21. November 1978 in der Liste vermerkte Treffen des IM „Sekretär“ mit seinen Führungsoffizieren gar nicht stattgefunden hat. Er beteuerte, sich an den konkreten Fall nicht erinnern zu können. Darüber hinaus erklärte er, daß abgesagte geplante Veranstaltungen nicht unbedingt in der Liste gestrichen worden seien. Rund ein Drittel der angekündigten Treffen hätten nicht „realisiert werden können“. Anja Sprogies/wg Seite 10

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