: Berliner Nachhilfe für australische NOlympioniken
■ Olympiagegner mit Ausstellung in Sydney / Aussis sollen „sensibilisiert“ werden / Veranstaltung wird vom dortigen Bürgermeister und von Greenpeace unterstützt
Tim Richter ist ein Wanderer zwischen den Welten. Daß es den gebürtigen Sydney-Sider im vergangenen Jahr ausgerechnet nach Berlin verschlagen hatte, könnte für seine Landsleute nun ungeahnte Folgen haben. Tim Richter nämlich hat in seinem Koffer aus Berlin eine Ausstellung mit nach Sydney gebracht. Das Motto: „Summer Olympics 2000 – Who wins?“
„Die Ausstellung besteht im wesentlichen aus den Exponaten, die auch im Berliner Anti-Olympischen Museum zu sehen waren“, weiß die grüne Sportpolitikerin Judith Demba, die das Projekt unterstützt. Ziel sei es, sich dafür einzusetzen, daß die Auseinandersetzung um den Sport generell einen anderen Charakter bekomme. Insofern, meint Judith Demba, sei die Berliner Ausstellung auch in Australien von Interesse, da der internationale Aspekt, die Rolle des IOC oder die Funktionalisierung des Sports für Wirtschaftsinteressen im Vordergrund stünden. Außerdem, sagt die Grünen-Politikerin, seien die olympischen Folgekosten in vielen Bewerberstädten noch heute zu spüren. So zahlten im kanadischen Quebec noch heute die Raucher und Hausbesitzer eine Sondersteuer. „Einmischen“, so lautet denn auch die Botschaft der grünen Anti-Olympionikin, „lohnt sich.“
Anders als bei der Olympiaentscheidung vom vergangenen September in Monaco wurde dem Berliner Staatsschutz diesmal ein Blauhelmeinsatz auf fremdem Territorium verwehrt. Statt dessen begrüßte der Bürgermeister von Sydney, Paul Pearce, die Ausstellung in seiner Eröffnungsrede ausdrücklich und stellte mit dem „Bondy-Pavillon“ einen der prominentesten Orte zur Verfügung.
In einem Begleitseminar zur Ausstellung sollen vor allem der Umweltschutz und die Situation der Aborigines zur Sprache kommen. Zugesagt haben unter anderen die olympischen Öko-Watchers von Greenpeace, die australische Labor Party, Aborigine-Organisationen, Stadtplaner sowie das „Centre for independent journalism“. „Wie“, fragen sich die Veranstalter, „können die weitreichenden Versprechen der australischen Regierung und des Bewerbungskomitees eingehalten werden?“
Noch bis zum 27. März haben die Aussis die Gelegenheit, sich ihre bisher meist zustimmende Haltung gegenüber den Spielen im Jahr 2000 zu überdenken. Falls die Stimmung in Sydney dann Kreuzberger Dimensionen annimmt, kann sich Innensenator Dieter Heckelmann immer noch überlegen, ob im Nachtragshaushalt nicht noch ein Titel für einen Urlaubstrip nach Australien versteckt ist. Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen