: Breites Bündnis gegen Fußball-Länderspiel
■ Die Begegnung am 20. April soll „im Vorfeld“ politisch verhindert werden / Nazis wollen in die „Reichshauptstadt“
Als Spiel „zur falschen Zeit am falschen Ort“ bezeichnete gestern das Bündnis „Kein Länderspiel am 20.4.“ die für den Hitler-Geburtstag angesetzte Fußballbegegnung Deutschland-England. „Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen“, sagte eine Sprecherin des Bündnisses, „daß der 20. April gerade kein normales Datum ist.“ Um den Rechtsextremen an diesem Tag keine Bühne zu geben, solle das Spiel deshalb durch breiten politischen Druck bereits „im Vorfeld verhindert werden“.
Das Bündnis, in dem außer Fan- Initiativen und autonomen Gruppen auch Bündnis 90/Die Grünen, die PDS, die Gewerkschaft HBV sowie die Humanistische Union vertreten sind, erneuerte seinen Aufruf zu einer bundesweiten Großdemonstration am 9. April. Auf eine Kundgebung am Tag des Länderspiels, hieß es gestern auf einer Pressekonferenz, habe man verzichtet, um in den Bezirken präsent sein zu können. Zu dem Stinkbombenanschlag auf die Geschäftsstelle des Berliner Fußballverbands erklärte ein Vertreter des Bündnisses, die „eigentliche Gewalt“ übten der Senat und der DFB aus, „wenn sie um ihrer Profilierung willen die Gefährdung von Menschenleben in Kauf nehmen“.
In England, erklärte ein Vertreter des britischen Antifa-Magazins Searchlight, mobilisierten derzeit rechtsextreme Gruppen zum Spiel gegen Deutschland. Zwar sei es in der Vergangenheit gelungen, den Einfluß von Rechtsextremen auf die Fans der Ligavereine zurückzudrängen. Man wisse aber, daß dieses Länderspiel gerade für rechtsextreme Fans in England eine besondere Anziehungskraft ausübe, zumal sich England nicht für die Weltmeisterschaft im Sommer habe qualifizieren können.
Die Mobilisierung der deutschen Neonazis geht indes weiter. Unter dem Motto „Die Reichshauptstadt ruft. Wir kommen“ ruft das Infotelefon der rechtsextremen „Freien Wählergemeinschaft Frankfurt“ (FWF) dazu auf, freie Mitfahrgelegenheiten zu melden. Für den 18. April, 16 Uhr, kündigte die FWF eine Kundgebung gegen die Verhüllung des Reichstags, für den 19. April eine Fahrt an die „deutsche Oderfront“ an. In Hamburg freut sich das „nationale Infotelefon“ darauf, daß „Tausende“ ein „Geburtstagsständchen“ für den „ehemaligen deutschen Reichskanzler“ anstimmen.
Die vom Berliner Polizeipräsidenten wiederholte Einschätzung, daß es für das ursprünglich in Hamburg angesetzte Spiel keine Anzeichen für eine Eskalation der Gewalt gebe, wurde von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) inzwischen zurückgewiesen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen, sagte ein GdP-Sprecher, „war die Absage des Hamburger Innensenators richtig“. Die Polizei, die mit 4.000 Beamten im Einsatz sein will, habe keine Chance gehabt, irgendwelche Vorkenntnisse zu eruieren. Offenbar, meinte der GdP-Sprecher, sei es für den Berliner Senat eine Prestigesache gewesen, die Austragung des Länderspiels zu übernehmen. Uwe Rada
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