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Dioxin auf Deponien

■ Giftige Klärschlämme aus PVC-Werk auf dem Hausmüll

Hannover/Wilhelmshaven (AFP/dpa) – Klärschlämme mit dem Umweltgift Dioxin sind in Niedersachsen und Nordrhein- Westfalen jahrelang auf Hausmüll- und Sondermülldeponien geschafft worden. Die Dioxinwerte überschritten zum Teil 400.000 Nanogramm (das sind 0,4 tausendstel Gramm) pro Kilogramm. Dies hat Niedersachsens Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) bekanntgegeben. Zum Vergleich: Die Höchstwerte bei Dioxin-belastetem Kieselrot auf Spiel- und Sportplätzen lagen bei der Hälfte, 200.000 Nanogramm pro Kilogramm. Die Schlämme stammen aus der PVC-Produktion der Wilhelmshavener Firma ICI. Seit 1982 sind jährlich rund 1.200 Tonnen Schlamm auf die dortige Hausmülldeponie gelangt.

Die Belastung sei erst jetzt festgestellt worden. Eine Dioxinkontrolle des Klärschlamms aus PVC- Werken war bisher keine Pflicht. Bei regelmäßigen Messungen von Luft und Abwasser des ICI-Werks seien keine überhöhten Belastungen ermittelt werden. Die Entsorgung auf Deponien ist seit Jahresbeginn gestoppt. Die Gefährdung der Umgebung ist Griefahn zufolge eher unwahrscheinlich, soll aber untersucht werden.

Seit 1982 sind jährlich rund 1.200 Tonnen Schlamm auf die Hausmülldeponie Wilhelmshaven gelangt. Andere Schlämme wurden bis 1991 auf der Sondermülldeponie Hoheneggelsen bei Hildesheim, später zur nordrhein- westfälischen Sondermülldeponie Ochtrup gebracht.

Die Produktion in dem Wilhelmshavener Werk der britischen Unternehmensgruppe ICI, dem größtem PVC-Hersteller in Europa, geht unterdessen unvermindert weiter. Die hochgiftigen Schlämme werden vorerst auf dem Firmengelände zwischengelagert. Sie sollen möglicherweise verbrannt werden.

Da es in der Bundesrepublik noch weitere PVC-Herstellungswerke in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein- Westfalen gibt, habe sie ihre Kollegen in diesen Ländern unterrichtet, sagte Griefahn. Sie forderte das Unternehmen auf, das gesamte Produktionsverfahren im Vinylchloridwerk auf Dioxine zu untersuchen und kurzfristig ein Konzept zu deren Minimierung vorzulegen. Wo und wie genau die Dioxine bei der Produktion entstehen, sei völlig unklar.

Den Transport von ICI-Klärschlemmen habe man sofort gestoppt. Gegenwärtig würden die anfallenden Schlämme so auf dem Firmengelände zwischengelagert, daß von ihnen keine Gefahr für die Umwelt ausgehen könne. Die Firma müsse „schnellstmöglich“ dafür sorgen, daß der Dioxingehalt neu entstehender Schlämme soweit gesenkt werden kann, daß eine Deponierung wieder möglich ist. ICI rechne damit, daß die Nachrüstung mit einer zusätzlichen Filteranlage innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden kann.

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