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Hanseatische Ballwurfkrise

■ Trotz Aufstiegsambitionen des Regionalligisten TVB Hamburg sieht es in Hamburgs Handballszene mau aus

Hamburg ist nach Auskunft wettergeplagter Bewohner eine Stadt, in der es meistens regnet. Das wirkt sich in vielen Bereichen der Freizeitgestaltung aus. In der Beliebtheit von Sportarten macht sich das miese Wetter indes nicht bemerkbar. König-Fußball ist auch bei Dauerregen die Nummer eins. Eine Hallensportart wie Handball dagegen hat in Hamburg schlechte Karten. Wenig Zuschauer, kaum Sponsorengelder und geringes Medieninteresse zeigen das deutlich.

Dementsprechend schlecht ist es auch um hochklassige Mannschaften aus Hamburg bestellt. Bei den Frauen ist der TuS Alstertal - noch in der 2. Bundesliga - und bei den Herren der TVB Hamburg - in der Regionalliga Nord-Ost - das Beste, was die Hansestadt in Sachen Handball zu bieten hat. An Talenten mangelt es nicht. Etwa Kay Germann, Handballikone des THW Kiel, spielte in seiner Jugend für den SC Victoria Hamburg.

Handball und Großstadt scheint einfach nicht zusammen zu passen, sieht man einmal von den Ballwurfbundesligisten Düsseldorf und Essen ab. Doch in diesen beiden Städten spielt Fußball nur noch die zweite Geige, sprich: kein Erstligateam ist in Sicht.

Was macht Handball zu einer Dorfsportart? Gunnar Hagemann, der Trainer des TVB Hamburg, sieht einen Grund in der traditionellen Prägung der Handballvereine. Durch die starke Einbindung der Spieler und ihrer Familien in das Vereinsleben, ist ein Clubwechsel für die Spieler nicht einfach. Außerdem scheinen die Spieler sich durch Bequemlichkeit und wenig Sinn für sportliche Herausvorderungen auszuzeichnen. „Weil zu wenig Geld für einen Vereinswechsel gezahlt wird, sind die guten Spieler lieber in ihrem Verein König, als in einem anderen einer unter vielen,“, meint Coach Hagemann. Deshalb ist kein Verein in Hamburg in der Lage genügend gute Spieler an sich zu binden, um den Sprung in die erste Liga zu schaffen.

Gerda Seifert - Handballabteilungsleiterin beim Tus Alstertal - sieht den Vorteil der Dorfvereine in der geringen Konkurrenz: „Im Dorf gibt es meißt nur einen Verein und alle indentifizieren sich mit ihm. Da ist es auch einfacher Sponsoren zu finden.“ Die Vielzahl von Vereinen in Hamburg verhindert dagegen das herausbilden einer Spitzenmannschaft. Bei den geringen Zuschauerzahlen im Handball, glauben mögliche Sponsoren, daß sie nicht die optimale Gegenleistung erhalten, erläutert sie weiter, während der Hamburger Handballverband wegen einer Urlaubsvakanz sich zu keiner Stellungnahme in der Lage sah.

Norbert Lilienthal

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