Papi haut Hippie

■ Am Ende wird alles gut: „Skidoo“, Otto Premingers psychedelische Gangsterkomödie im Moviemento

Wenn ein Film als Hippie-LSD- Kultfilm angekündigt wird, ist erst einmal Vorsicht geboten. Wo „Kult“ draufsteht, steckt im allgemeinen eher hohler Schwachsinn drin, zum anderen hat die Hippiezeit, die hier verkultet werden soll, ihr x-tes Revival schon hinter sich.

In Otto Premingers psychedelischer Gangsterkomödie „Skidoo“, die der Filmwelt-Verleih zum 50. Geburtstag von LSD wieder ausgegraben hat, geht es um Love & Peace und LSD. Ein reiches Ehepaar liefert sich im seltsamen Sechziger-Jahre-Ambiente ihres Wohnzimmers komische Zapp- Duelle. Die Frau will die Live- Übertragung eines Prozesses sehen. Der (fette) Mann, der früher mal als der „harte Toni“ für eine Art Mafia diesen oder jenen umgepustet hat, zappt mit seiner Fernbedienung dazwischen. Lustig flimmern alte Werbespots durcheinander. Draußen vor der Tür vergnügt sich die blonde Tochter Darlene derweilen mit Stash, einem langhaarigen Proto-Hippie in einem alten schwarzen Hippieauto. Stash, dessen Gesicht verdächtig an Raimund Harmsdorf (für die älteren Leser) erinnert, verführt die Tochter zum Fummeln mit Sprüchen wie: „Für mich ist es das Schärfste, gar nichts zu werden.“ Das kann man zwar nicht oft genug betonen, dem Papa gefällt's trotzdem nicht. Deshalb haut er dem Hippie eine rein.

Zwischendurch tauchen finstre Gangster in lachsfarbenen Hemden auf und versuchen den „harten Toni“, der längst schon ausgestiegen ist, zu einem neuen Job zu überreden. Er soll den Verräter „Blauauge Packard“, der im Knast von Alcatraz ein lustiges Leben führt, umnieten. Packard (Mickey Rooney) war früher der beste Kumpel des „harten Toni“. In der besten Szene des Films kommen Erinnerungsbilder in Schwarzweiß vorbei. Dabei teilt sich die Breitleinwand wie ein Altar – links und rechts sieht man die farbige Gegenwart, in der Mitte flüchtet Toni-wie-er-noch-jung-war mit einem Geldschrank auf dem Rücken stummfilmslapstickmäßig vor lustig um sich schießenden Bullen.

Diverse Handlungsebenen wechseln einander ab: Die Tochter schließt sich in bunten Bussen umherstreifenden Hippies an, die ständig kiffen, halbnackte, hübsche Mädchen körperbemalen und von braven Bürgern aus der Stadt geworfen werden. Mit einem Sittlichkeitsverbrecher und dem „Professor“, der auf die Gummierung seiner Briefumschläge LSD geschmiert hat, teilt sich der „harte Toni“ seine Zelle und geht eher unfreiwillig auf einen hübsch gefilmten Trip, den Preminger angeblich nach eigenen Erfahrungen gestaltet hat. Danach ist nix mehr wie zuvor – aus dem „harten Toni“ ist ein Weichei geworden.

Da ärgert sich der Gangsterboß „Gott“ – Groucho Marx in seiner letzten Rolle –, der paranoid in einer Yacht auf dem Meer versucht, alles unter Kontrolle zu behalten. Mittels LSD, das der „Professor“ ins Gefängnisessen mischt und damit eine prima Massendrogenszene auslöst, fliehen Toni und seine Freunde jedenfalls in einem gelben Ballon, dem die bedrogten Gefängniswärter melancholisch hinterherschauen: „Schau mal, der schöne Ballon. (...) Er liebt uns.“ In einem verwirrenden Showdown treffen Hippies, Gangster und der Rest des Filmpersonals am Ende auf Gottes Yacht (übrigens: John Waynes Privatyacht) aufeinander. Alles wird gut. Im Schlußbild schaukeln zwei Kiffer in Hare- Krishna-Gewändern auf einem kleinen Boot übers Meer. Der Abspann wird gesungen, zur Musik des kürzlich verstorbenen Harry Nilsson.

Das Kultobjekt, „Skidoo“, ist eine lustig-glitzernde Oberfläche, auf der die ProtagonistInnen eine interessante Balance halten müssen: Einerseits müssen sie für Hollywood und den braven Bürger als Witzfiguren zu erkennen sein; andererseits dürfen sie nicht allzu hanswurstig agieren, um nicht ihr hippiefreundliches Publikum zu verprellen. Detlef Kuhlbrodt

„Skidoo“ von Otto Preminger, bis 30.3. im Moviemento 2, Kottbusser Damm 22, Kreuzberg.