: SPD ökologisch im Niemandsland
Die große Koalition rückt immer näher. Obwohl ein Tempolimit auf Autobahnen breite Mehrheiten findet, kippt es Rudolf Scharping kurzer Hand aus dem sogenannten „Regierungsprogramm“ der Sozis. Ein solches Papier ist ohnehin eine Brüskierung der Parteibasis an sich: Wozu noch ein Parteiprogramm, wenn es vom großen Vorsitzenden dann nach Belieben „realitätstüchtig“ gemacht wird. Nachdem die SPD bereits die Außen- und Rechtspolitik der Union übernommen hat, folgt nun der Gleichschritt mit der Raser-Lobby vom ADAC. Auch Manta- und Porsche-Fahrer sind schließlich potentielle Wähler. Lange wird eine Kehrtwende in der Haltung zur Atomenergie oder die Zustimmung zum „Jäger 90“ und zu weiterem massiven Rüstungsexport zur Sicherung von Arbeitsplätzen nicht mehr auf sich warten lassen.
Aus alt mach neu: Stur auf Wachstum des Bruttosozialproduktes fixierte Konjunkturprogramme, mit dem Schlagwort „Modernisierung“ unter die Leute gebracht, sollen mehr Beschäftigung bringen. Doch diese Rechnung geht schon seit 20 Jahren nicht mehr auf: Nach jeder Rezession in der Nachkriegsgeschichte stellte sich eine erhöhte Sockelarbeitslosigkeit ein, die weder durch die nachfolgenden Aufschwünge noch durch staatliche Fiskalpolitik (darzulegen, in welchen sinnlosen Bereichen die Investitionen getätigt wurden, würde den Rahmen sprengen) gesenkt werden konnte. Die zu Zeiten Oskar Lafontaines für überwunden geglaubte politisch-ökonomische Verkalkung der SPD wird dieser Tage wieder deutlich sichtbar. Die Sozis konkurrieren mit Union und der Lambsdorff-FDP, wer die wirtschaftlichen Rezepte von gestern glaubwürdiger vertritt: So dürfen die Deutschen am 16. Oktober zwischen zwei austauschbaren Dinosauriern mit Schlaganfall auswählen. Dazu noch ein Enkel Helmut Schmidts, nicht Willi Brandts, an der Spitze — allerdings intellektuell eine Klasse tiefer und zwei Klassen provinzieller.
Bleibt die Frage, warum die SPD eigentlich die Bundesregierung übernehmen will, wenn sie doch nur dasselbe in Rot ist. Wahrscheinlich, damit Bonn endlich Politik MIT Bart gemacht wird. Rainer Koehl, Aschaffenburg
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