"Sie mögen mich, und ich mag sie"

■ Bertram Steiner ist von Beruf Zahnarzt - und Vorsitzender der rechten Protestpartei Bund Freier Bürger in Berlin / Wer nur aus Versehen und ganz kurz ein Rechtsaußen war, ist herzlich willkommen

Bertram Steiner, 42, ist Zahnarzt. Aber nicht nur. Er ist auch einer dieser neuen, relativ jungen und leisen Rechten. Und er ist seit zwei Wochen Vorsitzender des Berliner Landesverbandes des Bundes Freier Bürger (BFB).

Die Protestpartei des früheren EG-Beamten und FDP-Politikers Manfred Brunner gilt als vornehm rechtsextrem, als „Rep light“. In Berlin hat der BFB nach eigenen Angaben etwa 50 Mitglieder, hauptsächlich aus dem Spektrum von CDU und FDP, frühere SPD- Leute sollen ebenfalls dabeisein. Aber auch Ex-Reps und vormalige DVU-Leute dürfen beitreten, wenn sie „im persönlichen Gespräch“ deutlich machen können, daß sie nur kurz und „aus Versehen“ rechts außen dabei waren, so Steiner.

Prominente hat der Berliner BFB noch nicht in seinen Reihen, doch angeblich ist man im Gespräch mit dem Historiker Arnulf Baring und dem FDP-Rechtsausleger Hermann Oxfort.

Einer wie Steiner behauptet, nichts gegen Ausländer zu haben. Gleichzeitig will er „kein Einwanderungsland für Leute, die kein Asyl im Sinne des Wortes benötigen“. Er habe, so Steiner, in seiner Zahnarztpraxis in Neukölln „einen großen Patientenanteil Ausländer, mit denen ich gut zurechtkomme. In der Mehrzahl Türken. Und weil ein Heim in der Nähe ist, auch viele Araber. Sie mögen mich, und ich mag die Patienten.“

Aber natürlich gebe es auch weniger gebildete Leute als ihn, sagt Bertram Steiner: „Man ist ja so ungern in der Heimat in der Minderheit, gerade als einfacher Mensch. Je weniger Bildung der Mensch hat, desto ängstlicher ist er. Es ist ungesund, wenn in einer Gegend 95 Prozent Fremdsprachige sind und nur fünf Prozent Einheimische.“

Bundesweit gibt es den BFB, der zu den Europa- und Bundestagswahlen antreten will, gerade mal zwei Monate. Die Bundespartei hat laut Angaben der Geschäftsstelle in Wiesbaden 200 bis 250 Mitglieder. BFB-Gründer Manfred Brunner, der seinen Freund, den österreichischen FPÖ-Chef Jörg Haider, als „vernünftigen Mann“ bezeichnet, tritt für „deutsche Interessen“ und die Rettung der Deutschen Mark ein. Die geplante EG-Einheitswährung bezeichnet er als „Esperantogeld“. Ebenfalls im Programm: die „nationale Identität“ und eine von Sozialgesetzen „entfesselte“ Marktwirtschaft. Ein eng vereintes Europa à la Maastricht wird vehement abgelehnt, ebenso die multikulturelle Gesellschaft und das „individuelle Asylrecht“.

Früher hat auch der Berliner BFB-Chef Steiner FDP gewählt, aber die ist ihm in Berlin „zu sozialliberal an der Basis, mit falschen Prioritäten“. Dagegen möchte Steiner „mehr Intelligenz in der Politik“ mobilisieren und die FDP 1995 am liebsten im Abgeordnetenhaus ablösen. Weil aber der Stammtisch dabei nicht aus dem Blick geraten darf („man muß Politik für alle Menschen machen“), grenzt sich Steiner nur halbherzig von Rechten wie Haider, Gauweiler und Lummer ab. Die würden „sachliche Fragen aufwerfen“, legten dabei aber verbale „Verhaltensattitüden“ an den Tag, „die nicht substantiell unterlegt“ seien.

Hauptthema Steiners, des „politisierten Zahnarztes“: zuviel Staat. „Diese Bürokratie, die Deutschland inzwischen überwuchert, ist zum Selbstzweck geworden. Nehmen Sie zum Beispiel die Auflagen der Krankenkassen für Vertragszahnärzte. Die müssen Ihnen nicht nur die von Ihnen gewollte Füllung machen, die müssen jedesmal den ganzen Mundraum untersuchen und den Zahnstein entfernen, ob Sie das wollen oder nicht.“

Aber ohne Bürokratie kommt auch Steiner nicht aus. So sind ihm Parteilose als BFB-Neumitglieder keineswegs am liebsten: „Ich möchte Leute mit Parteierfahrung. Die müssen viele Verhaltensmuster nicht erst lernen, die wissen, daß man nicht ohne Rednerliste schnattert.“ Ordnung muß sein. Und gehört natürlich rein ins angebräunte Polit-Amalgam dieses Zahnarztes. Hans-Hermann Kotte