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■ Plädoyer fürs „Stehend-Pissen“Der Schwanz gehört in die Hand

Jeder Mann, der gemischtgeschlechtlich wohnt oder dieses Erlebnis schon hinter sich gebracht hat, kennt die vorwurfsvollen Blicke der weiblichen Mitbewohner, wenn er zu schnell wieder vom Lokus zurückkehrt oder die Brille mal wieder hochgeklappt zurückläßt. Aber warum stehen die Herren der Schöpfung bei Verrichtung ihrer kleinen Geschäfte so gerne über den Dingen?

Ein wichtiger Grund ist mit Sicherheit der hygienische. Es sollte doch jederman wissen, daß jeder Mann, der schon mal unter der Geißel einer Geschlechtskrankheit litt, sich diese auf der Toilette geholt haben muß (und nicht beim Geschlechtsverkehr). Warum sollte also zu diesen Infektionsherden nicht ein respektabler Sicherheitsabstand gehalten werden?

Der zweite Punkt ist ein künstlerisch-soziologisch-politischer. In Brüssel steht das weltberühmte Manneken Pis. Wer sich die Gesichtszüge des Knaben ansieht, wird nicht umhinkönnen, sein Lächeln zu registrieren. Warum diesem Knaben seine momentane Tätigkeit soviel Spaß bereitet, kann mit Hegel erklärt werden: Der junge Bursche befriedigt eines seiner ureigensten Bedürfnisse; er entfaltet sich auf die natürlichste Weise und widersetzt sich somit der Entfremdung. Welchem Mann kann es übelgenommen werden, wenn er es dem Vorbild gleichtut? Sitzend würde ihm diese Freude nie zuteil werden können.

Als nächstes ist der praktische Aspekt hervorzuheben. Die Unterwäschehersteller haben den Eingriff sicher nicht erfunden, um die ansonsten schmucklosen Unterhosen mit einem modischen Accessoire aufzuwerten. Daß die wichtigste Funktion dieses Schlitzes sicher nicht die problemlosere und schnellere Handhabung bei einem Quicky, sondern die Ermöglichung des „Stehend-Pissens“ ist, steht wohl selbst für die unbelehrbarsten GegnerInnen außer Frage. Warum sollte also die Nutzung des Eingriffes verdammt werden?

Als weiteres Argument ist das öffentlich-kommunikative Element des „Stehend-Pissens“ kurz aufzuzeigen: Trotz der Tatsache, daß Damen ja bekanntlich immer zu zweit aufs Klo gehen, kann es zu keiner vernünftigen Unterhaltung während der Verrichtung der Geschäfte kommen. Trennende Wände behindern die Kommunikation. Die Männer dagegen haben sich mit der Einrichtung der Pissoirs beim Pinkeln ein öffentliches Diskussionsforum geschaffen. Hier herrscht absolute Offenheit.

Außerdem ist „Stehend-Pissen“ eindeutig der Grund dafür, daß Männer ein wesentlich natürlicheres Verhältnis zur Sexualität haben. Jeden Tag nimmt ein Mann sein Teil mehrmals liebevoll zur Hand, streichelt und liebkost es so lange, bis der „kleine Orgasmus“ ihm die nötige Erleichterung verschafft. Solch kontinuierliche körperliche Nähe zu seinem Geschlechtsteil führt zwangsläufig dazu, den Sex (die zweite wichtige Funktion) als absolut natürlichen Akt zu erkennen, was zu einer extremen Entmystifizierung desselben beiträgt. [Artikel ausschneiden + ins Klo hängen! der Layouter]

Das Pissen im Stehen ist also für die Männer die vielleicht wichtigste Bastion zur Verhinderung der permanent versuchten Gleichmacherei, also die letzte wirklich wahrnehmbare Manifestation des eh schon immer kleiner werdenden Unterschiedes. Es wird sie immer geben, diejenigen, die aufrechten Standes den (Nicht-)Argumenten der feministischen Propaganda mannhaft trotzen und, wenn auch nicht mehr alle, so wenigstens noch diesen einen Faden in der Hand halten. (So bleibt mir denn nur noch als letztes Argument anzumerken: Jeder Blinde findet in der Kneipe das Herrenclo, immer der Nase nach. Vive la petite difference, grüßt die Säzzerin). Steppe

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