: Unterm Strich
Der Nachlaß des Komponisten und Kabarettisten Friedrich Hollaender („Ich bin von Kopf bis Fuuuß auf Libbe eingestellt“) befindet sich jetzt in Berlin. Seine Tochter, die in den USA lebende Sängerin und Publizistin Melodie „what a nice name“ Hollaender, unterzeichnete die Schenkungsurkunde am Freitag in der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Deren Archiv wird jetzt den Nachlaß aufarbeiten und eine große Ausstellung zum 100. Geburtstag Hollaenders (1896 bis 1976) vorbereiten. Zu den angenehmen Folgen dieser ohnehin schon recht angenehmen Affäre gehört auch die geplante Straßenumbenennung: Eine Berliner Straße soll bald Hollaenders Namen tragen. Kultursenator Roloff-Momin sprach die Erwartung aus, daß durch eine würdige Aufarbeitung des Nachlasses „ein kleiner Teil des Unrechts wiedergutgemacht werden kann, das der deutsche Jude, der Deutsche Friedrich Hollaender zur Zeit des Nazi-Regimes erfahren mußte“.
Apropos: Dem Konzentrationslager Sachsenhausen steht eine große Säuberung bevor. Katholische und evangelische Gemeinden aus Berlin und Brandenburg planen, am kommenden Palmsonntag dort einen Sühnekreuzweg zu veranstalten. Damit soll „ein Zeichen wider das Vergessen“ von 100.000 Toten bis zum Jahr 1945 und mehr als 22.000 Toten nach 1945 gesetzt werden, so ein Sprecher des Bistums Berlin am Freitag. An der Spitze des Zuges wird der Bischof von Berlin, Kardinal Georg Sterzinsky, gehen. Ob das Zeichen des Kreuzes so ganz das richtige Symbol für diesen Ort ist, Herr Bischof? Wird man bei diesem Kreuzzug zur gedenkenden Inbesitznahme der Gedenkstätte auch ordentlich Weihwasser verspritzen, Weihrauch verbreiten, Knoblauchzehen aufhängen? Wir sind hier eigentlich nicht der Meinung des ansonsten sehr geschätzten Herrn Adorno, daß nach Auschwitz kein Gedicht mehr möglich sei. Aber „Kreuzwege“ durchs KZ, bei denen vor moralischer Selbstgefälligkeit bis zum Platzen geblähte Kardinäle ihre Kollaborateurskirche gesundbeten, die hatten wir allerdings für unmöglich gehalten. Was offenbar ein Fehler war.
Und jetzt die gute Nachricht: Dem Museum der niederländischen Provinz Nordbrabant in s'Hertogenbosch sind am Donnerstag von einem „Reumütigen“ zwei im Jahr 1990 gestohlene Gemälde Vincent van Goghs zurückerstattet worden. Die Rückgabe kam mit Hilfe eines Amsterdamer Anwalts zustande, an den sich der illegale Besitzer der Bilder gewandt hatte. Das Museum betonte, daß es sich bei diesem nicht um einen der Diebe handele. (Wohl aber um einen, der mit solchen Geschäfte macht.) Es handelt sich bei den Bildern um die „Sitzende Bauernfrau“ und „Räder der Wassermühle in Gennep“, beide in verhältnismäßig gutem Zustand und daher bald wieder zu betrachten. Wert: 4,5 bis 9,1 Millionen Mark.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen