: Uganda: „Viehhirte“ sucht Leitbullen
■ Wahl einer verfassunggebenden Versammlung / Streit um Könige
Berlin (taz) – Ein Land, das als Nachbarn Sudan und Zaire hat, kann sich für jedes bißchen Frieden glücklich schätzen. Die Rede ist von Uganda, das seinen früheren Ruf als „Perle Afrikas“ schon in den 70er Jahren zugunsten eines ausnehmend mörderischen Bürgerkriegslandes eingebüßt hatte, bevor mit der Machtergreifung des Präsidenten Yoweri Museveni Anfang 1986 wieder die Wende zum Frieden einsetzte. Am kommenden Montag soll hier eine verfassunggebende Versammlung gewählt werden.
Ein geordnetes Staatswesen hat Uganda schon lange nicht mehr. 1962, bei der Unabhängigkeit, war Uganda eine von der Macht traditioneller Könige geprägte parlamentarische Demokratie: Die Monarchen der Bunyoro, Ankole, Toro und vor allem der Buganda nannten Landbesitz und politische Institutionen ihr eigen. Diese Ordnung wurde 1966 zerstört, als Präsident Milton Obote die Verfassung aufhob und seinen Armeeoberst Idi Amin beauftragte, den Buganda-Königspalast zu stürmen. Der Rest ist Geschichte: Militärputsch von Idi Amin 1971, Sturz des Diktators 1979, umstrittener Wahlsieg Obotes 1980, blutiger Putsch des Armeechefs Tito Okello 1985, Machtergreifung durch die Guerillabewegung „Nationale Widerstandsarmee“ (NRA) unter Museveni Anfang 1986. In den zwanzig Jahren Chaos und Krieg verloren Hunderttausende ihr Leben.
Noch heute bestimmen die Gräben dieses Krieges das politische Leben Ugandas. Erst vor kurzem wetterte Museveni wieder einmal gegen „die alten korrupten Politiker“, die das Land destabilisierten und sich doch nur bereichern wollten. Gemeint sind damit die Unterstützer Obotes und Okellos, deren Armeen sich aus den nordugandischen Achole und Langi rekrutierten und zum Teil noch heute im Norden als Guerilleros marodieren. Die „alten Politiker“ sind zumeist im angelsächsischen Ausland anzutreffen – wie jener Putschteilnehmer von 1985, der heute als Student in einem hundekalten walisischen Badeort vegetiert und auf den „Viehhirtensohn“ Museveni schimpft. Museveni gehört zum südlichen Ankole- Volk, das nach dem Selbstverständnis der Achole aus minderwertigen Bediensteten besteht.
Die ethnischen Verhältnisse Ugandas werden auch die verfassunggebende Versammlung beschäftigen, die zunächst sechs Monate beraten und dann freie Wahlen vorbereiten soll. Abgesehen von der noch nicht geklärten Frage des Mehrparteiensystems geht es dabei vor allem um die Zukunft der traditionellen Königreiche. Im Juli 1993 entstand mit der festlichen Krönung des Prinzen Ronnie Mutebi die mächtige Buganda- Monarchie neu – Einlösung eines alten Versprechens Musevenis aus Guerillazeiten. Der Präsident sieht seine Zukunft offenbar am besten dadurch gesichert, daß er als Führer der Ankole befreundete Führer der anderen Ethnien unterstützt – wozu auch paßt, daß die Krönung eines eigenen Ankole- Königs im vergangenen November für illegal erklärt wurde.
Die Struktur eines von mächtigen Leitbullen umgebenen „Viehhirten“ könnte jedoch bald Risse bekommen. Eine Gruppe von Baganda-Ältesten hat beim Verfassungsgericht gegen die geltende Verfassung von 1967 geklagt, in der die alten Königreiche abgeschafft wurden. Sie besteht darauf, daß eigentlich noch die vorherige Verfassung gilt, weil ihre Abschaffung illegal war. Sollte das Gericht dem stattgeben, hätten die Könige wie früher wieder weitreichende Rechte bis hin zum Recht auf eigene Streitkräfte. Was würde dann wohl aus dem relativen Frieden in Uganda? Dominic Johnson
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