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Hafenstraße: Wir wollen reden!

In einem offenen Brief an Bürgermeister Voscherau fordern die BewohnerInnen der Hamburger Hafenstraße die Diskussion um die Häuser und die Freiflächenbebauung  ■ Von Michaela Schießl

Berlin (taz) – Am 25. Februar überraschte Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau, SPD, mit einer ganz und gar unhanseatischen Aktion: Die Hafenstraßenbewohner dürfen trotz Räumungstitel in ihren Häusern wohnen bleiben, wenn sie Wohlverhalten an den Tag legen, schrieb er im Hamburger Abendblatt. Im Klartext: Es wird nicht geräumt, wenn die Hafensträßler die Bebauung des angrenzenden Grundstücks durch die stadteigene Hafenrand GmbH zulassen würden.

Was beim ersten Hinsehen als Kompromiß erscheint, ist indes eine tückische Falle. Eine Räumung der Häuser, das weiß auch Voscherau, ist nicht mehr durchzusetzen. Zu viel Sympathien haben die Bewohner im Laufe der letzten Jahre im Stadtteil und weiten Teilen der Bevölkerung gewonnen.

Der neue Kampf am Hafen jedoch dreht sich um den an die bunten Häuser angrenzenden Bauplatz. Dort möchte die Stadt Sozialwohnungen errichten – die Hafenstraße jedoch und die eigens dafür ins Leben gerufene Genossenschaft hält mit einem eigenen Bauvorhaben dagegen.

In einem offenen Brief antworten die BewohnerInnen heute auf Voscheraus Versuch, die Pläne der Baugruppe Hafenstraße in der Schublade verschwinden zu lassen.

„Die Verknüpfung unserer Zukunft mit der Bebauung der Freiflächen ist unlauter. Die Freifläche kann schon deshalb kein Verhandlungsgegenstand zwischen Senat und Hafenstraße sein, weil dazu viel zu viele andere Initiativen und Leute an der Entwicklung der Genossenschafts-Konzeption beteiligt sind.“ Die BewohnerInnen fordern eine inhaltliche Auseinandersetzung. „Es werden sich ganz sicher tragfähige Antworten finden lassen, wenn das denn auch von Ihrer Seite gewollt ist. Wir halten das für einen realistischen Weg, sowohl unsere Lebensbedingungen als auch die im Stadtteil grundlegend zu verbessern. Wir wollen deshalb mit Ihnen reden.“

Genau das jedoch will Voscherau unterbinden. Denn immer mehr Stimmen melden sich, die das Hafenstraßenprojekt, das vom Berliner Architekten Hinrich Baller ausgearbeitet wurde, der städtischen Planung vorziehen. Sogar Hamburgs Oberbaudirektor Kossak konnte bei einer öffentlichen Diskussion der Hafenstraßenpläne seine Sympathie nicht verhehlen. Und der Präsident der Hamburger Architektenkammer, Peter Erler, hat sich gegenüber Voscherau für die Baller-Planung ausgesprochen. Die nämlich berücksichtigt, was die SPD immer fordert: Eine Beteiligung der Bürger. Denn das Hafenstraßenprojekt wurde gemeinsam mit den St. Paulianern ausgearbeitet: Pastoren sind beteiligt, Schulen, Sozialarbeiter, Nachbarschaftsheime und Altentagesstätten, Bücherhallen, Kinderhäuser, ÄrztInnen, Drogenberatungsstellen, Ausländerinitiativen und NachbarInnen. Was seinen Ausdruck findet im Konzept: Werkstätten sind geplant, eine Kita, eine Stadtteilversammlungshalle mit Volxküche, ein öffentliches Bade- und Waschhaus, Sport- und Musikräume.

Unter dem Druck der Baller- Planung hat die Hafenrand GmbH ihre Pläne geändert. Nun sollen Kita und Volx-Küche Platz finden. „Das ist Pipifax“, urteilt Architekt Baller. „Die geplante Kita geht auf die laute Hafenstraße raus. Das ist Unsinn.“ Für ihn ist das „städtebauliche Barbarei“: „Die abgstufte Bauweise paßt zu Gran Canaria, aber nicht nach Hamburg.“ Zudem befürchtet Baller, daß durch das Hafenrand-Modell Tatsachen geschaffen werden, die den Erhalt der alten Häuser gefährden. „Das ist nur ein Hebel, um Tabula rasa zu machen: Wenn der Neubau nicht zu den Altbauten paßt, wird der Ruf nach Abriß wieder laut.

Für den Berliner Star-Architekten ist weder die Finanzierung noch der Bebauungsplan ein Hindernis: „Die Finanzierung ist über ein Mischmodell möglich, wie in Berlin mehrfach durchgeführt. Und für den Bebauungsplan gibt es Außnahmeregelungen – die braucht die Hafenrand GmbH schließlich auch.“

Hinrich Baller könnte binnen vier Wochen den Bauantrag stellen. Warum Henning Voscherau trotzdem am Stadt-Modell festhält: „Das ist reine Rechthaberei. Der Mann ist eben ein Kulturbanause.“

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