: Ausweisung "beruhigt" die Innenpolitik
■ Bundesregierung besteht auf Sonderabkommen mit der Türkei zur Ausweisung von Kurden / CDU-General Hintze warnt vor der doppelten Staatsbürgerschaft: Dann könne man nicht mehr ausweisen
Berlin/Bonn (taz/dpa/AP) – Mit der Inneren Sicherheit ist gut Wahlkampf machen. Trotz kritischer Stimmen zeigte sich die Bundesregierung gestern fest entschlossen, angesichts der Kurden- Aktionen das Ausländerrecht zu verschärfen und ein Sonderabkommen mit der Türkei zu schließen. Regierungssprecher Dieter Vogel sagte in Bonn, das Bundeskabinett werde sich Ende April oder Anfang Mai mit dem Thema erneut befassen.
Innenminister Kanther (CDU) hatte am Vortag angekündigt, daß er sich mit Außenminister Kinkel (FDP) in Verbindung setzen will, um mit Ankara ein „Abschiebeabkommen“ auszuhandeln. Die Türkei soll in dem von Bonn gewünschten völkerrechtlich verbindlichen Abkommen versichern, daß aus Deutschland abgeschobene kurdische Gewalttäter nicht mit dem Tode bestraft werden dürfen. Damit – so Kanther – könne das deutsche Ausländerrecht „viel intensiver“ angewendet werden.
Vogel erklärte, das „wünschenswerte“ Zusatzabkommen mit der Türkei über die Behandlung eventuell abgeschobener Kurden würde auch die innenpolitische Debatte „beruhigen“. Er sagte, die Bundesregierung „geht selbstverständlich davon aus“, daß sich die Türkei an eingegangene Verpflichtungen halte, die die Folter verbieten. Der Bundesregierung lägen zwar Berichte vor, daß es in der Türkei Folter und Mißhandlungen gebe. Ihre Richtigkeit könne sie aber nicht nachprüfen.
Dagegen hat die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), vor einer voreiligen Verschärfung des Ausländerrechts gewarnt. Ein Abschiebeabkommen mit der Türkei würde nach Ansicht deutscher Menschenrechtsorganisationen keinen wirksamen Schutz für abgeschobene Kurden bieten. Die Bundesregierung habe keine effektive Möglichkeit zu Kontrollen, ob Betroffene in der Haft oder durch „Todesschwadronen“ in der Türkei umgebracht werden, sagten Andreas Buro (Komitee für Grundrechte und Demokratie) und Ingrid Rössel-Marxsen (Pax Christi) gestern in Bonn. „Das wäre eine Abschiebung in die Hölle“, so Buro. Sie forderten die Bundesregierung auf, Rüstungslieferungen an Ankara zu stoppen. An deutsche Touristen appellierten sie, die Türkei als Urlaubsland vorläufig zu meiden.
CDU-Generalsekretär Hintze nahm die Kurden-Proteste zum Anlaß, gegen die Einführung einer „generellen doppelten Staatsbürgerschaft“ zu polemisieren. Dann, so Hintze, könnten gewalttätige ausländische Gruppen, die die Konflikte in ihrer Heimat in Deutschland austrügen, nicht mehr zurückgeschickt werden. klh
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen