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Durchsuchung wegen abgebrannter Porsches

■ Betreiber des Copy-Shops „M99“ soll zu Brandanschlägen angestiftet haben / Mieter werfen betroffener Immobilienfirma zweifelhafte Geschäftspraktiken vor

Wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung im Zusammenhang mit zwei abgebrannten Porsches wurden in Kreuzberg am Freitag der linke Kopier- und Infoladen „M99“ sowie die Wohnräume und das Auto des Betreibers, Hans- Georg L., durchsucht. Begründung der Staatsanwaltschaft: Man werde bei L. vermutlich nicht nur die Original-Bekennerschreiben des Porsche-Anschlags vom Januar finden, sondern auch überprüfen, ob eine am Tatort gefundene Kopie des Bekennerschreibens auf einem der Kopiergeräte im „M99“ gefertigt wurde. Darüber hinaus wird dem Verdächtigen vorgeworfen, den Brandanschlag in Auftrag gegeben zu haben. Der Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts Tiergarten wurde bereits am 7. März 1994 unterzeichnet. Am 30. März sollte sich L. gegenüber der Polizei zu den Vorwürfen äußern.

Zu dem Anschlag auf die beiden Porsches im Januar hatten sich „autonome Gruppen“ bekannt. In einem Bekennerschreiben hieß es, daß die Besitzer der Fahrzeuge mit ihrer Firma „Arator-Immobilien“ unter anderem für die menschenunwürdige Unterbringung von jugoslawischen Kriegsflüchtlingen in Prenzlauer Berg und Kreuzberg verantwortlich seien.

Die Firma „Arator“ ist seit Januar 1993 auch Eigentümerin des Eckgebäudes Manteuffelstraße 99/Waldemarstraße 108, in dem sich der Kopierladen von Hans- Georg L. befindet. Zu Konflikten zwischen Mietern und Eigentümern war es L. zufolge erstmals im April 1993 gekommen, als die Mieter die Schlösser des Dachbodens ausgewechselt haben. Mitarbeitern der Immobilienfirma, deren Kauf des Eckgebäudes damals noch nicht im Grundbuch eingetragen war, sollte der weitere Zutritt zum Dachboden verweigert werden. Im August hätten die Eigentümer daraufhin mehrere Stelltafeln vor dem Gebäude zertrümmert, auf denen über die Geschäftspraktiken der „Arator“ mit den Kriegsflüchtlingen informiert wurde.

Ein Schreiben an die Geschäftsführer der „Arator“, in dem Hans- Georg L. gegen die Entfernung der Stelltafeln protestierte, wird von der Staatsanwaltschaft nun offenbar als Indiz für die „Anstiftung zur Brandstiftung“ gewertet. Das Schreiben wurde ebenso beschlagnahmt wie Dokumentationsmaterial der militanten Gruppe „Klasse gegen Klasse“, verschiedene Flugblätter und Schriften zur RAF sowie Antifa-Broschüren.

Hans-Georg L. wies die Vorwürfe der Ermittlungsbehörden gestern gegenüber der taz als lächerlich zurück. Er habe den Eindruck, daß sich Staatsschutz und Staatsanwaltschaft mit dieser „Einschüchterung“ zum verlängerten Arm der Hauseigentümer gemacht haben. Die MieterInnen würden sich aber weiter gegen den befürchteten Dachgeschoßausbau und unseriöse Praktiken der „Arator“ wehren, kündigte L. an. Schließlich habe erst neulich ein Gutachten der S.T.E.R.N.-GmbH ergeben, daß das Gebäude bereits um zehn Zentimeter abgesackt sei. Die von der „Arator“ geplanten Baumaßnahmen könne man somit auch als einen Abrißversuch werten.

Auf einer Hausgemeinschaftsversammlung am Sonntag haben mehrere Mieter des Hauses gegen die „Kriminalisierung“ L.s protestiert sowie ihre Forderung nach Instandsetzung bekräftigt. Uwe Rada

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