: „Schlechteste Lösung“
■ AKW-Gegner: Atommüll soll bleiben
Karlsruhe (taz) – Die Beseitigung von 80.000 Litern hochradioaktiven Flüssigabfalls, der wohl gefährlichsten Hinterlassenschaft in der vor zwei Jahren stillgelegten Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK), ist momentan Gegenstand eines öffentlichen Genehmigungsverfahrens. Vertreter von Anti-Atom-Bürgerinitiativen sowie Gemeinderäte aus Karlsruhe und den Umlandgemeinden haben 1.400 Einwendungen gegen den Bau einer Abfüllanlage für hochaktiven Flüssigabfall namens HAWA erhoben. Die Betreiber der WAK haben beim Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg für die in zwei Tanks lagernde salpetersaure High-Active-Waste- Concentrate-Lösung den Bau der Abfüllanlage beantragt, um den hochaktiven Nuklearmix per Bahn ins belgische Atomzentrum Mol verfrachten zu können.
Neben vielen nuklearen Spaltprodukten enthält die Lösung laut WAK auch rund 13 Kilogramm Plutonium sowie 560 Kilogramm Uran und ist mit einer Gesamtaktivität von 8,85x1017 Becquerel selbsterhitzend. Das bedeutet, daß sie ständig gerührt und gekühlt werden muß, um nicht kritisch zu werden.
Der Baubeginn der 40 Millionen Mark teuren Anlage ist laut WAK für September 1995 vorgesehen, ab 1998 sollen dann in umgebauten Castor-Behältern jeweils 3,5 Kubikmeter in rund 30 Transporten innerhalb von drei Jahren nach Mol verbracht werden. Dort ist die Einschweißung des Nuklearabfalls in 120 Glaskokillen geplant, die anschließend im Brennelementelager Gorleben zwischengelagert werden sollen. Die Kosten der gesamten Beseitigung belaufen sich auf 500 Millionen Mark.
Michael Sailer, Atom-Gutachter beim Darmstädter Öko-Institut, bezeichnete den geplanten Transport als „das Gefährlichste, was auf dem Nukleargebiet momentan zur Debatte steht“, und als die „schlechteste aller denkbaren Möglichkeiten“. Bislang sei es üblich gewesen, daß ähnliche Wiederaufarbeitungshinterlassenschaften an Ort und Stelle verglast worden seien, so in La Hague, Windscale etc. „Sicherheitstechnisch sauber“ könne das Problem nur durch den Bau einer Verglasungsanlage in Karlsruhe selbst gehandhabt werden. Dieter Balle
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