: Clinch in Brandenburg
■ Geplante Neuwahlen beuteln die Potsdamer Minderheitenregierung
Potsdam (taz) – Brandenburgs neue sozialliberale Minderheitenkoalition wird von ihrer ersten Krise gebeutelt. Das Thema Neuwahlen führte gestern zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen SPD und FDP. Die Liberalen sind verärgert, daß sich die SPD – nach tagelangem Hin und Her – jetzt an die Spitze derjenigen gesetzt hat, die für vorgezogene Landtagswahlen sind. Die FDP prophezeit einen „erheblichen Schaden für das Land“, sollten die Abgeordneten am 13. April für die Selbstauflösung des Landtages stimmen. SPD-Landeschef Steffen Reiche sprach hingegen von „Feigheit vor den Wählern“ bei der FDP.
In einem Schreiben an die Abgeordneten des Potsdamer Parlaments, appellierte Reiche gestern für die Auflösung des Landtags und für Neuwahlen zusammen mit der Europawahl am 12. Juni. „Es geht am 13. April nicht um die persönliche Zukunft jedes Abgeordneten, sondern um die Glaubwürdigkeit unserer jungen Demokratie“, meinte er.
Für die Auflösung des Landtages ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Es wird befürchtet, daß viele Abgeordnete aus Sorge um ihre Diäten der Abstimmung fernbleiben. Allein in der 36köpfigen SPD-Fraktion werden nach Meinung von Reiche fünf Abgeordnete gegen die Auflösung stimmen. „Wir lassen uns nicht unter Durck setzen“, wies FDP-Fraktionschef Lietzmann den Appell des Koalitionspartners zurück. „Wir haben es nicht nötig, uns vor den Karren von Herrn Hintze und Herrn Verheugen spannen zu lassen“, fügte der FDP-Abgeordnete Siebert hinzu. Er spielte damit auf den Schwenk der brandenburgischen CDU an, die erst nach dem Besuch von Generalsekretär Hintze vergangenen Montag auf den Neuwahlkurs eingeschwenkt war. Während sich die Koalitionspartner die Köpfe heiß redeten, wies der kommissarische Landeswahlleiter, Arend Steenken, auf die Probleme einer vorgezogenen Wahl hin. Problematisch sei, daß die Anmeldefrist der Parteien zur Landtagswahl nicht eingehalten werden könne. Die Parteien und Listenvereinigungen, die nicht im Landtag vertreten sind, müßten 91 Tage vor der Wahl die erforderliche Zahl von über 1.900 Stützunterschriften beibringen. Besonders betroffen von dieser Regelung ist das Bürgerbündnis, an dessen Spitze Günther Nooke steht. Nookes Vorwurf, Ministerpräsident Stolpe habe den Untersuchungsausschuß belogen, hatte in der vergangenen Woche zum Bruch der brandenburgischen Ampelkoalition geführt. A. Sprogies
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