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Brandanschlag auf Stadtamt-Bedienstete

■ Amoklauf wegen Kneipenkonzession / Opfer entkam knapp, Täter stellte sich der Polizei

Horror im Bremer Stadtamt: Am Donnerstag morgen ist eine Mitarbeiterin der Gaststättenabteilung nur knapp einem Brandanschlag entkommen. Ein Mann hatte Benzin über ihr ausgegossen und versucht, die Frau in Brand zu setzen. Nur dem beherzten Eingreifen eines Kollegen ist es zu verdanken, daß die Frau hatte fliehen können. Das Stadtamt mußte evakuiert werden, das Büro brannte vollständig aus.

Die Mitarbeiterin und drei ihrer KollegInnen wurden mit Schock und Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert, konnten aber schon am Nachmittag wieder entlassen werden. Der Täter, der zunächst unerkannt geflohen war, stellte sich am Nachmittag der Polizei: Ein 28jähriger aus dem Bremer Westen. Der vermutliche Hintergrund der Tat sei ein Konflikt um eine Gaststättenkonzession, sagte die Polizei.

„Ich habe jetzt noch ganz weiche Knie!“ Ein kreidebleicher Joachim Becker stand am Mittwochmorgen im Regen vor der Türe des Stadtamtes. Keine Stunde vorher hatte der stellvertretende Chef des Hauses sein Büro im vierten Stock fluchtartig verlassen. Über die Hintertreppe hatten sich alle Bediensteten auf die Straße gerettet, da war das Erdgeschoß schon voller Qualm. Danach, als das Feuer gelöscht war, standen die Menschen fassungslos auf dem Bürgersteig. Wie schnell das alles gegangen war, und es hätte jeden Treffen können...

Gegen zehn war ein Mann in die Gaststättenabteilung im Erdgeschoß des Stadtamtes gekommen, hatte sich vor den Schreibtischen zweier Mitarbeiterinnen aufgebaut und nach einem weiblichen Vornamen gefragt: „Wer ist das?" Und als eine Bedienstete sich zu erkennen gab, griff der Mann in eine Plastiktüte, schraubte dort einen Bezinkanister auf und begann, das Benzin über der Frau und dem Schreibtisch auszugießen. Das hatte ein Kollege im Nachbarzimmer bemerkt. Er sprang dazu, gerade noch rechtzeitig, um den entsetzten beiden Mitarbeiterinnen die Fluch zu ermöglichen. Doch zu spät, um den Täter ganz zu überrumpeln. Der schaffte es noch, das Bezin anzuzünden. Es gab eine Verpuffung, der Täter trug Verbrennungen am Gesicht davon, konnte aber auf einem Fahrrad fliehen. Das Büro brannte unterdessen völlig aus, die schnell anrückende Feuerwehr konnte allerdings verhindern, daß das Feuer auf größere Gebäudeteile übergreifen konnte. Gegen 10.25 Uhr war das Feuer aus.

Zu diesem Zeitpunkt war das Opfer des Anschlages längst schon unter ärztlicher Obhut. Zuerst war das Gerücht umgegangen, der Täter habe die Frau tatsächlich in Brand gesetzt. Doch schon bald kam die erlösende Nachricht von der geglückten Flucht des Opfers und ihrer Kollegin, die ebenfalls Benzinspritzer abbekommen hatte. Die Frau stand unter Schock, konnte aber ganauso schnell wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden, wie ihre KollegInnen, die sich leichte Rauchvergiftungen zugezogen hatten.

Die Mordkommission hatte sofort ihre Ermittlungen aufgenommen, doch die Fahndung nach dem Täter konnte schnell wieder abgeblasen werden. Der hatte zwar unerkannt entkommen können, hatte sich bei dem Anschlag allerdings selbst so schwer verletzt, daß er in ein Krankenhaus gehen mußte. Dort überredete ihn dann eine Bekannte dazu, sich zu stellen. Trotz der ersten Vernehmungen muß die Polizei noch über die Motive der Tat spekulieren: „Möglicherweise im Bereich des Gaststättenrechts“, hieß es in einer ersten Erklärung. Ein politischer Hintergrund sei aber auszuschließen.

Das Stadtamt am Rembertiring 39 bleibt voraussichtlich bis Mittwoch geschlossen, die Abteilungen Gewerbemeldestelle, Gaststättenabteilung und Beglaubigungsstelle bis inklusive Freitag. J.G.

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