Autonomieverhandlungen gehen weiter

Israelis und Palästinenser einigten sich auf einen Kompromiß zur Fortsetzung ihrer Verhandlungen / In Hebron sollen leichtbewaffnete internationale Beobachter stationiert werden  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Einer Wiederaufnahme der palästinensisch-israelischen Autonomiegespräche steht von seiten der PLO und der israelischen Regierung nichts mehr im Wege. Vertreter beider Seiten einigten sich am Donnerstag in Kairo auf die Bedingungen für die sofortige Fortführung der Verhandlungen über die Umsetzung des Gaza-Jericho- Abkommens. Die Unterredungen waren durch das Massaker von Hebron unterbrochen worden.

Entsprechend der nach dem Blutbad vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Resolution 904 sollen nun 160 internationale Beobachter (90 Norweger, 35 Dänen und 35 Italiener) vorübergehend in Hebron eingesetzt werden. Ihre Mission ist allerdings zunächst auf maximal drei Monate begrenzt. Von den internationalen Beobachtern dürfen 60 Personen leichte Waffen zur Selbstverteidigung tragen. Die anderen 100 gelten als Büro- und Administrativpersonal. Laut dem in Kairo geschlossenen Abkommen haben sie die Aufgabe, in Hebron „bei den Bemühungen für Stabilisierung behilflich zu sein“ sowie Schritte zur Wiederherstellung des normalen Lebens „zu beobachten und darüber zu berichten“. Ihre Berichte gehen an die übergeordneten israelischen Instanzen: den Bürgermeister von Hebron, den israelischen Militärgouverneur und den israelisch-palästinensischen Verbindungsausschuß. Diesem nach Unterzeichnung des Gaza-Jericho- Abkommens geschaffenen Gremium stehen der israelische Außenminister Schimon Peres und der PLO-Funktionär Mahmud Abbas (Abu Masen) vor.

Laut der neuen israelisch-palästinensischen Übereinkunft soll in den nächsten Tagen eine kleine Vorhut der palästinensischen Polizei im Gaza-Streifen und in Jericho einrücken. Also noch vor Abschluß des noch immer umstrittenen definitiven Vertrags zur Umsetzung des Gaza-Jericho-Abkommens, die bis Mitte April beendet sein sollte.

In der Praxis bedeutet das die Übernahme von verschiedenen bereits von den Israelis geräumten Objekten im Gaza-Streifen und in Jericho durch uniformierte Palästinenser. 150 Mitglieder der palästinensischen Polizei und 150 Mitglieder der „Palästinensischen Befreiungsarmee“ (PLA), des ehemaligen bewaffneten Arms der PLO in der Diaspora, sollen ab Dienstag ihre Posten beziehen. Die 300 Palästinenser, in erster Linie Offiziere, werden auch in Begleitung israelischer Kollegen Inspektionsreisen machen und Vorbereitungen für die spätere Installierung der insgesamt rund 8.000 Mann starken palästinensischen Polizei treffen. Die PLO und Israel beabsichtigen dann auch die weiteren Übergabestadien im Gaza-Streifen und Jericho beschleunigt durchzuführen.

PLO-Vertreter bezeichneten die in Kairo getroffene Abmachung als einen wichtigen Schritt zur Errichtung der palästinensischen Autonomie in den gegenwärtig von Israel besetzten Gebieten. Nach Aussage eines offiziellen PLO-Vertreters soll sich Israel verpflichtet haben, den militärischen Abzug am 12. April zu beginnen und die Neugruppierung seiner Soldaten und Polizisten bis zum 30. April abzuschließen. Dieses Vorhaben scheint jedoch kaum realistisch. Nach Aussage israelischer Experten ist mit einem Abschluß der Übergabe des Gaza-Streifens und der Stadt Jericho an palästinensische Behörden nicht vor Ende Mai zu denken.

Israelische Armeesprecher erklärten, daß der Kompromiß mit der PLO und eine beschleunigte Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Umsetzung des Gaza- Jericho-Abkommens jetzt möglich wurde, weil PLO-Chef Jassir Arafat dringendst Resultate vorweisen mußte, um einen weiteren, für ihn gefährlichen Popularitätsverlust bei der palästinensischen Bevölkerung zu vermeiden.

Andererseits mußte die PLO jedoch auf ihre Forderung nach Entwaffnung der israelischen Siedler verzichten. Die Frage selbst – vor allem das weitere Schicksal der Siedler in Hebron – bleibt jedoch ein in Israel heißumstrittenes Problem. Es stellt die Regierung und das Militär vor ernste Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung mit den Siedlern, der gesamten rechten Opposition und den von vielen maßgeblichen Rabbinern gestützten religiösen Parteien. Zwar betont Regierungschef Jitzhak Rabin, die Frage der Siedler in Hebron stehe derzeit nicht auf der Tagesordnung. Aber die Betonung liegt auf „derzeit“.