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Frauen, die nicht parieren -betr.: "Sozialstiftung will Lohn zurück", taz vom 10.3.94

Betr.: „Sozialstiftung will Lohn zurück“, taz vom 10.3.94 Der Artikel vom 10.3.94 über meine Klage vor dem Arbeitsgericht, die notwendig wurde, um mich gegen die Weigerung der Hans-Wendt Stiftung, meine tatsächliche Tätigkeit in das Zeugnis zu schreiben, zur Wehr zu setzen, hat mit der Gehaltsrückzahlungsforderung nur eins gemeinsam: es sind beides Gewaltakte, um Frauen, die nicht „parieren“, existenziell zu vernichten. Aber die Dame wehrt sich!

Es gehört für Männer dazu, endlich zur Kenntnis zu nehmen, daß das gesamte System weiblicher Unterdrückung und Ausbeutung auf den Schultern ganz gewöhnlicher Männer ruht. Solange einige Männer Gewalt gegen Frauen anwenden, müssen das nicht alle tun. Gewalt gegen einzelne Frauen genügt als Drohung gegen alle Frauen. Um die männlichen Herrschaftsverhältnisse stabil zu halten, ist es nicht unbedingt erforderlich, Frauen zu vergewaltigen, sie zusammenzuschlagen oder sie umzubringen. Es gibt viel subtilere Formen, (...), zum Beispiel – Frauen angemessene Arbeitsplätze verweigern – Frauen in ökonomischer Abhängigkeit halten – Frauen geringschätzig und abwertend behandeln – Frauen Kompetenzen bestreiten (...)

In Übereinstimmung mit den von der SPD bundesweit propagierten Zielen, Sondereinrichtungen aufzulösen und gemeindenah in den Regeleinrichtungen Integrationsstrukturen aufzubauen, die eine Aussonderung von Kindern verhindern, habe ich 1979 die therapeutische Leitung Bremens größter Sondereinrichtung für sogen. verhaltensgestörte, psychisch kranke und geistig behinderte Kinder übernommen. Mein Ziel war es, diese Beschlüsse in die Praxis umzusetzen. Kompetente Fachleute wissen, was das für ein Kraftakt ist und auf welche massiven Widerstände – vor allem auch in den Verwaltungen – Reintegration von psychisch Kranken und geistig Behinderten stößt. 1990 wurde die letzte Sondereinrichtung aufgelöst. (...)

(...) Es begann ein monatelanger Psychoterror gegen mich. Die Bemerkung der Vorsitzenden Richterin beim LAG, es gäbe eben Beziehungen zwischen Rechtsträgern, die zu einer geballten Macht führen, läßt für mich nur den Schluß zu, daß sich offensichtlich Teile der der Justiz diesem Machtkartell unterworfen haben. (...) Die damalige Spitze der senatorischen Behörde für Soziales, Jugend und Sport hat 1991 gegen mich ein Berufsvebot verhängt. (...)

Gelernt habe ich, daß sowohl vor Untersuchungsausschüssen als auch vor den Gerichten in unverschämter Weise gelogen wird. Mann darf da wohl sicher sein, daß das keinerlei Konsequenzen hat.

Anne Albers

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