■ Länderspiel K.O.: Niederlage für Senat
Nun hat die englische „Football Association“ dem Berliner Senat die Entscheidung abgenommen: Das umstrittene Länderspiel am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, ist abgesagt. Bei den Engländern mag dabei vor allem die Sorge vor randalierenden Hooligans eine Rolle gespielt haben, die schon mehrfach für einen Ausschluß von englischen Mannschaften geführt haben. Schließlich wollen die Kicker von der Insel auch von der Europameisterschaft 1996 profitieren. Eines ist dennoch – wie schon bei der gescheiterten Olympiabewerbung – unverkennbar: Das von Politikern viel zitierte Bild deutscher Friedfertigkeit stimmt mit der Wahrnehmung im Ausland nicht überein. Warum sonst hätte die englische Spielergewerkschaft, der kaum politisches Kalkül zu unterstellen ist, eine Absage aus Sicherheitsgründen gefordert. Warum sonst hätte die Gewerkschaft der Polizei erklärt, daß die Sicherheit im Stadion gewährleistet werden könne, in der Stadt aber kaum.
Der 20. April ist dann kein normaler Tag, wenn wie 1989 türkische Eltern aus Angst vor Übergriffen ihre Kinder nicht zur Schule lassen, wenn 1990 nach einem Fußballspiel Hooligans besetzte Häuser und eine Schwulengaststätte angreifen oder in den darauffolgenden Jahren Aufmärsche von Neonazi-Gruppen stattfinden. Natürlich darf man vor rechter Gewalt nicht zurückweichen. Dies nun aber denen vorzuwerfen, die aus Furcht vor rechten Gewalttätern eine Absage gefordert haben, stellt die Debatte auf den Kopf. Mit gebetsmühlenartigen Beteuerungen läßt sich deutsche Geschichte und Vergangenheit eben genausowenig bewältigen wie mit den fußballerischen Dolchstoßlegenden eines Herrn von Richthofen und CDU-Scharfmacher Hapel. Nicht die Länderspielgegner haben den 20. April zum Ereignis gemacht, sondern der Berliner Senat und der DFB, die trotz Hamburger Bedenken und möglicher Ersatztermine das Spiel mit dem Feuer sehenden Auges eingegangen sind und nun zu Recht im Regen stehen. Uwe Rada
Siehe auch Kommentar auf Seite 10
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