: Black & white – Geschichten aus dem neuen Südafrika Von Bartl Grill
Die letzten Tage von Bophuthatswana sind vorbei. Lukas Mangope, der Westentaschendiktator, hockt in seinem Wohnpalast im stillen Motswedi und denkt an die Amigos. Warum nur haben sie ihm nicht geholfen gegen die Antichristen und Kommunisten? Schande über die CSU! Ach, lebte nur President Strauß noch! Der hätte gewiß ein paar Gebirgsjäger entsandt...
Jetzt, da es in Bop wieder ruhiger ist als im bayerischen Voralpenland, zwickelt es uns ganz heftig. Wir haben nämlich zufällig ein altes Notizbüchl aus dem Jahre 1988 gefunden. Darin steht folgende wahre Begebenheit: Mabatho, Hauptstadt von Bop. 36 Grad im Schatten. Strauß landet. CSU schwitzt. Deutsche Nationalhymne erklingt. Bundesadler flattert. Alles wie bei einem richtigen Staatsbesuch, endlich höchste Ehren für das arme Bop, welches keine Regierung der Welt je anerkannt hat – außer die in Pretoria und München. Einziger Widerhaken bei der Visite: Der Metzgersohn aus M. war nicht als Bonner hier, sondern als Bayer. Was ihn nicht davon abhielt, sich die Insignien der BRD wie einen Gamsbart an den Hut zu stecken. Macht nix, hat sowieso keiner gesehen, oder? Falsch: Es sollte keiner sehen. Denn die Pressemenschen waren derweil in der schönen Safarifarm Mabula abgestellt worden. FJS wollte wieder mal ganz alleine Nebenaußenpolitik machen.
Zwei Chronisten haben Wind von Straußens Abstecher gekriegt: der damalige taz-Korrespondent Hans Brandt und der Schreiber dieser Nachbetrachtung. Was dem Geheimreisenden gar nicht recht war, wie sich beim Freibier in Hotel Mmabatho Sun herausstellen sollte. „Du, Franzi, do is da Herr Grill vo Wasserburg“, sagte Sigi Lengl, der einschlägig bekannte Staatssekretär, und führte uns zum Meister, den wir bis dato nur vom Anti-Strauß-Komitee her gekannt hatten. „Ja, wia kemman na Sie do her?“ forschte der Landesvater. Und den Sigi knurrte er an: „Habt's wieda ned aufpaßt!“ – „Und warum san Sie do, Herr Ministerpräsident?“ wagten wir tapfer zu fragen. „Ned, um über den Walfischfang in Grönland zu reden.“ Host mi?
Es war lustig, und das Bier hat geschmeckt im Kreise des Kabinettes von Bop. Lauter schwarze Minister, bis auf die weißen, echte Südafrikaner, die seinerzeit auf Schlüsselposten in der eigenständigen Regierung Mangope saßen. Sigi feixte mit Minister Young, Michael Hohlmeier, dem Franzi sein Schwiegersohn, ratschte mit Minister Rickert. Dann fuhren die Bayern weiter zu ihren Kriegskameraden in Südwest, was heute den geschichtswidrigen Namen Namibia trägt. Dem Volk von Bop ließen sie Löwenbräu-Reklame zurück, dem Herrscher die Anerkennung seines Marionettentheaters. Einen BMW hatte er ja schon. Genau so war das, damals in Bop.
In der Nymphenburger Straße zu München, wo die CSU residiert, kann sich natürlich wieder keiner an das pfundige Homeländle erinnern. Aber der Lukas denkt gerne an den FJS, die Hanns-Seidl-Stiftung und die guten Weißwürste. Ob Strauß zu ihm dasselbe gesagt hat wie zu Roberto Blanco? Dem zwinkerte der CSU-Boß nämlich zu: „Gell, Roberto, wir Schwarzen halten zusammen!“ Der Lukas aus Motswedi, der Erich in Chile, der Savimbi Jonas von Huambo, Buthulezi aus Ulundi, Roberto, alle vermissen ihn. Und, ganz ehrlich, wir auch.
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