■ Mit Schnellen Brütern auf du und du: Perpetuum imobile
Berlin (taz) – Die japanische Regierung läßt in ihrem neuen 280-Megawatt-Brutreaktor Monju seit Dienstag Strom erzeugen. Die fernöstlichen Atomingenieure stehen mit ihrem Enthusiasmus für die Brüterei allerdings inzwischen ziemlich alleine da.
Weltweit sind von 1964 bis heute 13 zivile Brüter in Betrieb gegangen, davon acht kleine Forschungsreaktoren und fünf größere. Strom wird heute nur noch in zwei russischen Reaktoren erzeugt, 130 Megawatt zur Meerwasserentsalzung und 600 Megawatt fürs sibirische Stromnetz. Der weltweit größte Brüter, der französische Superphenix, steht nach einem Störfall im Juli 1990 still. „Und den kleineren Phenix lassen die Franzosen nur laufen, um festzustellen, was mit dem Kühlmittel Natrium denn eigentlich schief gegangen ist“, so Christian Küppers vom Öko-Institut Darmstadt.
Die Idee des Brüters klingt, oberflächlich betrachtet, bestechend: Ein Spezialreaktor soll spaltbares Material, mit dem er betrieben wird, selbst wieder erzeugen und damit zu einer Art Perpetuum mobile werden. Ein lohnendes Geschäft, wenn das Uran für konventionelle AKW viel teurer wäre, als es heute ist.
Der Brüter kam aber nie über das Stadium eines gemeingefährlichen Spielzeugs hinaus: Natrium- und Kostenprobleme, und dann warf die mit dem Brüter verbundene Plutoniumwirtschaft auch noch politische Probleme auf. Die Plutoniumwirtschaft macht die Weiterverbreitung von Atombomben unkontrollierbar. Nur wenige Kilo davon reichen für den Bau der Bombe. Der Brüter Monju z.B. soll jährlich mit einer Tonne Plutonium gefüttert werden, um 1,2 Tonnen zu erbrüten.
Der Anfang vom Ende der zivilen Brüterei kam 1977. Der damalige amerikanische Präsident Jimmy Carter verkündete den Stopp der kommerziellen Brütertechnologie in den USA, explizit um die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Der britischen Regierung wurde die Brüterei zehn Jahre später zu teuer.
In der BRD ging 1977 der kleine Forschungsbrüter KNKII im Kernforschungszentrum Karlsruhe in Betrieb. Er sollte als Vorläufer für den Schnellen Brüter in Kalkar fungieren, vor dessen Bauzaun sich zu gleicher Zeit Zehntausende versammelten. Doch die Technik war nicht durchsetzbar, Kalkar endete 1991 als milliardenschwere Bauruine; es folgte die Abschaltung des KNKII.
Selbst das von Atomingenieuren als letzte Hoffnung hochgehaltene Europäische Brüterprojekt ist heute mausetot. Weil die Briten kein Geld mehr für die Forschung ausgeben, sei das Projekt „auch ohne Kündigung der Regierungsverträge faktisch beendet“, so das „Jahrbuch der Atomwirtschaft 1994“. ten
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