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Hamas bekennt sich zu Afule

Empörung in Israel über Serie palästinensischer Anschläge, die am Mittwoch, 40 Tage nach dem Massaker in Hebron und Stunden vor dem Holocaust-Gedenktag, in Afula begann  ■ Aus Tel-Aviv Amos Wollin

In den 24 Stunden nach dem schweren Attentat in Afule kam es in Israel und den besetzten Gebieten zu einer ganzen Serie weiterer Anschläge von Palästinensern. Im Zentrum der nordisraelischen Stadt Afule waren vorgestern neun Menschen getötet und über 50 verletzt worden. Gestern wurden in der Stadt Gaza sechs Soldaten von den Splittern einer auf sie geworfenen Handgranate verletzt. Ein Palästinenser, der einen jüdischen Siedler mit Messerstichen verletzte, wurde nahe dem Grenzübergang zum Gaza-Streifen erschossen. Kurz danach überfiel ein bewaffneter Palästinenser Soldaten an einer Busstation bei Ashkelon. Er erschoß einen von ihnen und verletzte vier weitere. Danach erschossen israelische Soldaten und Zivilisten den Angreifer.

Israels Stabschef General Ehud Barak gab gestern bekannt, daß die besetzten Gebiete ab sofort total abgeriegelt werden; das bedeutet, daß auf unabsehbare Zeit kein Palästinenser die Westbank oder den Gaza-Streifen verlassen darf. Polizeipräsident Rafi Peled betonte, daß die israelische Polizei auch wegen entsprechender Warnungen der Geheimdienste nach dem Massaker an Palästinensern in Hebron Vergeltungsschläge erwartet habe. Insbesondere zum Ende der islamischen Trauerzeit, am 40. Tag nach dem Massaker, sei die Polizei in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Das Sicherheitskabinett diskutiert derzeit weitere Maßnahmen.

Die islamische Hamas-Bewegung hat durch ihren Sprecher in Jordanien erklären lasssen, sie trage die Verantwortung für den Anschlag in Afula. Bei dem Täter, der bei dem Anschlag ebenfalls ums Leben kam, habe es sich um den 25jährigen Raed Abdullah Zakarna aus dem Westbank-Dorf Kabattia gehandelt. Nach Aussage seiner Verwandten soll er sich zum Dienst beim militanten Flügel der Hamas gemeldet haben, nachdem er vor einem Jahr während einer 60 Tage langen Inhaftierung in einem israelischen Gefängnis gefoltert und sexuell mißbraucht worden sei. Die israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem, an die sich die Familie Zakarna daraufhin eigenen Aussagen zufolge gewandt hatte, prüft derzeit ihre Akten und konnte gestern noch keine Auskunft geben.

Hamas bekannte sich in einem Flugblatt auch zu dem Anschlag auf die Soldaten bei Ashkelon und sagte drei weitere Attentate für die kommende Woche voraus, um zu erfüllen, womit sie vor einem Monat als Antwort auf Hebron gedroht hatte: fünf Attentate, mit denen nach dem 15. März, nach dem Ramadan also, zu rechnen sei.

Während die rechten und religiösen Oppositionsparteien einen Abbruch oder eine Unterbrechung der Gespräche mit der PLO und eine entscheidende „Schlacht gegen Terroristen“ fordern, betonen Regierungskreise, daß dem Terror nur durch Fortsetzung des Friedensprozesses ein Ende gesetzt werden könne.

Bei erneuten Verhandlungen Israels mit der PLO in Kairo konnten keine wesentlichen Fortschritte erzielt werden. PLO-Chef Arafat besteht darauf, daß der israelische militärische Rückzug in Gaza und Jericho im Sinne des Osloer Abkommens bis am 13. April beendet ist. Dazu will sich Israel nicht verpflichten, solange das Autonomie-Abkommen nicht unterzeichnet ist. Die Unterbrechung der Verhandlungen am Mittwoch war geplant; Israel begründete sie mit dem Holocaust-Gedenktag, der am Abend des Attentats von Afula begann.

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