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Preußen wird verdealt

■ Berlin spielt Streit mit Bonn um preußisches Vermögen herunter / Angst vor einer Neuauflage der Hauptstadtdiskussion

Im Streit mit dem Bund um das ehemalige preußische Staatsvermögen fährt Berlin zweigleisig: man pocht gerichtlich auf die Herausgabe und geht auf Schmusekurs. Im Gegensatz zum Land Brandenburg, das in der Auseinandersetzung um die Erbfolge preußischer Ländereien und Immobilien gegenüber den Ansprüchen des Bonner Finanzministeriums „hart“ bleiben will, wie der Potsdamer Regierungssprecher Thomas sagte, richtet sich Berlin auf Kompromisse ein. An den Bund werden Standorte in der Innenstadt abgegeben, auf denen repräsentative Bauten für eine staatliche Nutzung stehen.

Das frühere Außenamt der DDR oder das einstige Volksbildungsministerium sollen dem Bund ebenso überlassen werden wie schon der Palast der Republik, die Neue Wache und das Gebäude der Alten Münze, erhofft man sich doch, mit dieser Geste den Hauptstadtumzug vom Rhein an die Spree zu beschleunigen. „Hart“ bleiben will Berlin bei Bauten wie beispielsweise dem Schloß Niederschönhausen, dem Palais am Festungsgraben, dem Prinzessinenpalais oder der Staatsoper Unter den Linden. Neben „einvernehmlichen Lösungen“, sagte Klaus- Hubert Fugger, Sprecher der Berliner Finanzverwaltung, „wollen wir prinzipiell preußisches Vermögen behalten und stützen uns dabei auf das Grundgesetz“. Der Senat, der in einem „Musterrechtsstreit“ beim Verwaltungsgericht ein Waldstück bei Köpenick einklagt, bestehe so auf der Rückgabe von über 200 Liegenschaften oder Ausgleichsflächen. Insgesamt gehörten zum preußischen Vermögen allein in Berlin 270 Grundstücke und 1.170 Hektar Waldfläche.

Den Hintergrund des Streits zwischen dem Bund auf der einen und den neuen Ländern sowie Berlin auf der anderen Seite bildet eine unterschiedliche Rechtsauffassung über die Aufteilung des früheren preußischen Staatsvermögens. Berlin beruft sich dabei auf Artikel 135 des Grundgesetzes, das die Länder als Rechtsnachfolger des preußischen Vermögens sieht. Der Bund hingegen hält es mit dem Einigungsvertrag. Dort ist festgelegt, daß die Nutzung zum Zeitpunkt der Vereinigung 1990 entscheidend ist. Da in der DDR fast alle Bauten Staatsbesitz waren, fielen diese dem Bund zu. Ein vom Land Brandenburg in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten stärkt jetzt den Ostländern und Berlin den Rücken, ja hält die Regelung im Einigungsvertrag gar für verfassungswidrig. Brandenburg und Berlin streben deshalb den Gang nach Karlsruhe an, um eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht anzustrengen. Unabhängig von den unterschiedlichen Rechtsstandpunkten sowie der gerichtlichen Auseinandersetzung bewegen sich die Vermögensbeansprucher aufeinander zu. Nach einem Brief von Kanzleramtschef Fritz Bohl, sich gütlich zu einigen, versichert auch Jochen Kallabis von der Bundesvermögensanstalt, daß etwa Kulturbauten, einstige kommunale Einrichtungen oder Schlösser an das Land übergehen sollten. Kallabis: „Es gibt Bauten wie den Palast der Republik, die aus Gründen der späteren Nutzung des Grundstücks der Bund nicht herausgeben wird.“ Andererseits könne er sich vorstellen, daß Institutionen wie die Lindenoper dem Land Berlin zugeordnet gehörten. rola

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