piwik no script img

■ Zur StädtepartnerschaftArbeitsteilung

War es das Ambiente der chinesischen Machthaber, das den Regierenden Bürgermeister Diepgen zu seiner selbstherrlichen Entscheidung in Chinas Hauptstadt trieb? Ohne seine christdemokratische Fraktion, geschweige denn Senat und Koalitionspartner SPD vorab konsultiert zu haben, unterzeichnete er vergangene Woche eine Städtepartnerschaft mit Peking. Jener Stadt also, auf deren Platz des Himmlischen Friedens 1989 die Panzer den Aufstand der Studenten blutig niederwalzten. Nun möchte selbst Parteifreund Klaus-Rüdiger Landowsky über die Möglichkeit einer politischen Kooperation mit Peking noch einmal reden. SPD-Fraktions- und Landeschef Ditmar Staffelt zeigte sich gar „befremdet“ und will den Vertrag am liebsten wieder aufkündigen. Doch der aufgeregte Streit um das ferne China wird die Große Koalition nicht gefährden. Mit ihrer in Nuancen abgestuften Entrüstung betreiben die beiden Spitzenpolitiker nichts weiter als klassische Arbeitsteilung. Beide versuchen, die moralische Empörung der eigenen Klientel zu zügeln. Ja, indem sie auf die Moral in der Politik überhaupt erst verweisen, stellen sie sie im gleichen Atemzug schon bloß. Denn sowohl Landowsky als auch Staffelt billigen ihrem Landesherren zu, für Investitionen zu werben. So steht nicht die Reise an sich in ihrer Kritik, sondern nur die Benimmregeln. Im Grunde genommen vollzieht Diepgen, der von einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation begleitet wird, jenen ideologischen Konsens, der von SPD bis CDU reicht: Den Wirtschaftsstandort Berlin so gut wie möglich zu verkaufen. Sein Schönheitsfehler war, den Namen Berlin vertraglich kompromittiert zu haben, anstatt sich mit einem schönen Auftragsvolumen zu begnügen. Insofern klingt die Empörung aus den Mündern von Landowsky und insbesondere Staffelt nur noch wie blanker Zynismus. Severin Weiland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen