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Städtepartnerschaft mit Peking entzweit Koalition

■ SPD kritisiert Diepgens „Alleingang“ und will Abgeordnetenhaus mit der umstrittenen Partnerschaft beschäftigen / Senat verweist auf rot-grünen Beschluß

Irdischer Streit um den himmlischen Frieden: Die fünf Jahre nach dem Massaker auf dem „Platz des himmlischen Friedens“ vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) unterzeichnete Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Peking soll nach dem Willen der SPD „ruhen“. Wie berichtet, hatte Diepgen auf seiner China-Reise einen Partnerschaftsvertrag mit dem Pekinger Oberbürgermeister abgeschlossen. Zur selben Zeit waren in Peking zwei Regimegegner verhaftet worden.

Wie der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Helmut Fechner, gegenüber der taz erklärte, dürfe der von Diepgen unterzeichnete Vertrag wegen der chinesischen Menschenrechtsverletzungen „nicht aktiviert werden“. Fechner kündigte an, daß sich der Vorstand der SPD-Fraktion am morgigen Dienstag mit der Problematik auseinandersetzen werde. Außerdem, so der SPD-Politiker, müsse das Procedere überdacht werden, wonach der Senat solche Verträge ohne Konsultierung des Parlaments abschließen könne. Bereits am Wochenende hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt „den Alleingang Diepgens“ als „großen politischen Fehler“ kritisiert und angekündigt, das Parlament mit dem umtrittenen Partnerschaftsvertrag zu beschäftigen.

Staunen über die plötzliche Aufregung in der SPD gab es dagegen in der Senatskanzlei. Deren Chef Volker Kähne erinnerte an eine Absichtserklärung für eine solche Partnerschaft durch das Abgeordnetenhauses aus dem Jahre 1988. Zwei Monate zuvor hatte der damalige Ostberliner Oberbürgermeister Krack einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. „Die Frage der Menschenrechte“, verteidigte Senatssprecher Michael- Anreas Butz die Unterzeichnung Diepgens, lasse sich nicht mit Erklärungen in Deutschland klären, „sondern ernsthaft nur durch Gespräche und Besuche unmittelbar vor Ort“. Diepgen, der in China unter anderem für einen Auftrag eines deutschen Firmenkonsortiums für den U-Bahn-Bau in Shanghai eintritt, will die Beachtung der Menschenrechte ausdrücklich angesprochen haben.

Während sich Sozialdemokrat Fechner gestern dagegen verwahrte, Wahlkampf zu betreiben, erklärte der für Städtepartnerschaft zuständige Referent in der Senatskanzlei, Burckhard Bölkie, gegenüber der taz, daß auch der rot-grüne Senat eine Partnerschaft mit der chinesischen Hauptstadt angestrebt habe. Ein Jahr nach dem Massaker in Peking sei im Juni 1990 ein entsprechender Beschluß auf einer gemeinsamen Sitzung zwischen Westberliner Senat und Ostberliner Magistrat gefaßt worden. Zuvor hätte man sich bereits auf Senats- und Staatssekretärsebene in Westberlin zu dieser Position durchgerungen.

Peking ist nach Paris, Brüssel, Los Angeles, Madrid, Moskau, Mexico City und Djakarta die nunmehr achte Stadt, mit der Berlin partnerschaftlich liiert ist. Im kommenden Juni soll ein entsprechender Vertrag mit Buenos Aires unterzeichnet werden. Mit Budapest und Prag ist Berlin durch „Freundschaftserklärungen“ verbunden. Uwe Rada

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