: „Arglistige Täuschung“
■ Emsvertiefung: Planfeststellungsverfahren begann mit Auszug , „Sitzstreik“ und Vorwürfen
Papenburg Mit einem Eklat hat gestern eine Anhörung zur geplanten Vertiefung der Ems in Papenburg begonnen. Unter lautstarkem Protest verließen am Nachmittag die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Naturschutzbund Niedersachsen (NABU) und WWF den Erörterungstermin zum Planfeststellungsverfahren. Der Verhandlungsführer sei voreingenommen, und außerdem seien ihnen wichtige Informationen im Vorfeld der Anhörung von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Aurich vorenthalten worden, kritisierten die Umweltverbände. Sprecher Manfred Pohl sprach von „arglistiger Täuschung“. Ungehört blieb die Aufforderung des Oberkreisdirektors Hermann Bröring: „Ich bitte Sie nachhaltig, im Saal zu bleiben. „
Zwischen Papenburg und Emden soll die Ems auf einer Strecke von rund 40 Kilometern „bedarfsweise“ von 6.30 auf 7.30 Meter vertieft werden. Beantragt haben die Ausbaggerung der Landkreis Emsland, die Stadt Papenburg und das Wasser- und Schiffahrtsamt in Emden. Sie wollen damit vorrangig den Industriestandort Papenburg sichern.
Der Streitpunkt im Verfahren gestern: Ist die Ems am Ortspunkt Pogum (zwischen Papenburg und Emden) 6,10 Meter tief oder 6,62 Meter? Erst behaupteten die Behörden das eine, dann das andere. Ist die Ems nämlich dort 6,62 Meter tief, müßte gar nicht so viel gebaggert werden, sagen die Umweltverbände. Unklar ist, auf welche Tiefe die Behörden ihre Berechnungen eigentlich gestützt haben.
Der Erörterungstermin war am Morgen nur schleppend in Gang gekommen. Fast eine Stunde lang gelang es dem Verhandlungsführer Hans-Otto Schulze von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nordwest in Aurich nicht, sich mit den EinwenderInnen über die Zulassung der Öffentlichkeit zu einigen. Ausgeschlossen wurden schließlich die Mitarbeiter der Meyer-Werft, die Presse trat in einen „Sitzstreik“ und durfte schließlich dem Verfahren beiwohnen.
Rund 350 Einwendungen sind gegen den geplanten Ausbau der Ems für Schiffe mit einem Tiefgang von 6,30 bis 7,30 Metern bei der WSD als der vor Ort zuständigen Bundesbehörde eingegangen. Schwerpunkte sind Bedenken um die Deichsicherheit oberhalb Papenburgs, um die Auswirkung für die Fischerei sowie um eine negativer Veränderung der Fahrwasserverhältnisse.
Die Meyer-Werft ist mittlerweile auch beim Bau bisheriger Kreuzfahrtschiffe unter Zeitdruck geraten. Damit die Werft das 67.000 BRT große Luxusschiff „Oriana“ fristgerecht im März 1995 ablieferen kann, müssen die Baggerarbeiten in der Ems spätestens am 1. Juni beginnen.
Der Planfeststellungsbeschluß für die Emsvertiefung soll in vier bis sechs Wochen vorliegen.
Hanne Klöver
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