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Unterirdische Altlasten bremsen Tunnelplaner

■ Im Tiergartener Spreebogen wurde eine 160 Meter lange unterirdische Betonplatte aus Nazizeiten entdeckt, die quer zu den geplanten Tunnelröhren liegt

Die geplanten Tunnelanlagen für Autos und Bahnen unter dem Tiergarten stoßen erneut auf Beton: Nach dem im vergangenen Jahr entdeckten Doppelstocktunnel, der in ostwestlicher Richtung rund 200 Meter lang im Erdreich verborgen ist, stellt sich den Tunnelbauern nun unerwartet ein weiteres Hindernis in den Weg.

Quer zu den nordsüdlich vorgesehenen Verkehrsbauwerken für Eisenbahn und Autoverkehr liegt eine 165 Meter lange und sechs Meter dicke Stahlbetonsohle mit einer pfeilerartigen Mittelwand, sagte Michaele Schreyer (Bündnis 90/ Grüne) nach einer parlamentarischen Anfrage.

Die Platte in fünf bis sechs Meter Tiefe stamme aus der Zeit des Nationalsozialismus und war im Rahmen der gigantischen Speer- Planungen für die sogenannte Halle des Volkes in die Erde am Spreebogen eingelassen worden.

Die Platte sollte den Nazis als Fundament für die unterirdische Umleitung der Spree – den sogenannten „Spreedurchstich“ – dienen. Welcher finanzielle, technische und zeitliche Aufwand für die Entfernung nötig sein wird, kann erst im Mai abgeschätzt werden.

Bis dahin soll nach dem Bau einer „Pilotgrube“ ein Teil der Betonwand freigelegt werden, sagte Schreyer.

Schreyer kritisierte in diesem Zusammenhang erneut die Finanzpolitik des Senats bei dem Tunnelunternehmen. Die nun entdeckte Betonmauer zeige einmal mehr, mit welchen finanziellen Risiken „die Tunnelorgie“ verbunden sei. Die geschätzten Kosten von über 700 Millionen Mark allein für den Straßentunnel würden sich weiter erhöhen. Statt weitere Millionen „unter dem Tiergarten zu verbuddeln“, sollte der Senat endlich auf eine andere Verkehrsplanung setzen, sagte sie.

Die Bauverwaltung schätzt, daß bei dem nordsüdlichen Durchstich rund achtzig Meter der Betonplatte entfernt werden müssen. Es sei noch zu früh, die genauen Kosten für die Beseitigung der unterirdischen „Altlasten“ zu benennen.

Es sei jedoch möglich, daß die Bauvorhaben am Spreebogen es nötig machten, die Sohle auf der gesamten Länge zu entfernen. Der Bund müßte dann die Finanzierung weitgehend mittragen. rola

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