: In mattem Glanz
■ Ein neuer Stern am Kioskhimmel: Gala ist da!
Der Preis wurde in letzter Minute um 50 Pfennig gesenkt: Mit drei Mark dabei ist, wer sich ab heute dem dringenden Bedürfnis hingeben möchte, bei Gala, dem „Unterhaltungsmagazin neuen Typs“ des Hauses Gruner + Jahr, (Abteilung Norddeutsche Verlagsgesellschaft), endlich mal die „Leute der Woche“ in Augenschein zu nehmen.
Geboten wird, was uns bisher fehlte, ohne daß wir es wußten: Sophia Loren und die Hochzeit von Boris Beckers erster Freundin mit einem deutschen Adeligen. Ein Wiedersehen mit der Olympiasiegerin Heide Rosendahl, mit den Beatles und Greta Garbo und mit den italienischen Kochtips aus der „Boulevard-Bio“-Küche. Was wollen wir mehr?
Das mit drei Rätseln, Horoskop, Blumen-, Schmink- und Modetips aufgefüllte Mattglanz-Gala (Auflage 500.000) ist einer vorrangig weiblichen, relativ kaufkräftigen Leserschaft zwischen 30 und 50 zugedacht und wurde von Klaus Freikamp hergerichtet. Der ist mit der Gala-Zielgruppe bestens vertraut: Schon als Chefredakteur des im G + J-Tochterverlag Ehrlich & Sohn erscheinenden Billig- Klatschblattes Frau im Spiegel beglückt Freikamp allwöchentlich knapp 760.000 Leserinnen.
Der Gala-Chefsessel war ihm zugefallen, nachdem die mehr als einjährige Entstehungsgeschichte der Gesellschaftsgazette sich weit weniger glanzvoll gestaltete als ihr Name: Unter anderem kostete sie einer Handvoll früherer Chefredakteure den Kopf, zuletzt den der Klatschblatt-Spezialistin Beate Wedekind, die seinerzeit eigens für die als Gegen-Bunte angelegte G + J-Gala vom Konkurrenten Burda weggekauft worden war.
Mit wilder Entschlossenheit kämpft G + J darum, sein People- Plauderblatt, das 1977 in einer früheren Variante namens Leute nach nur elf Ausgaben scheiterte, auf gehobenem Billigniveau doch noch durchzusetzen. Dieser Kampfesgeist wird von Kennern des Hauses vor allem der Mentalität des Vorstandsvorsitzenden Gerd Schulte-Hillen zugeschrieben. So bescheinigte Hans-Ulrich Jörges (Die Woche) dem obersten G + J-Angestellten bisher ungestillte Verlegerambitionen. Sie äußert sich in der neuen „Massenlinie“ des einst nicht ohne Stolz auf Niveau bedachten Hamburger Verlagsriesen – und verweist auf einen neuen, hemdsärmligen Verdrängungswettbewerb.
Solches ließ man vordem die Konkurrenten Springer, Bauer, Burda unter sich austragen. Jetzt aber will der verkannte Verleger Schulte-Hillen, hausintern „Großer Bindestrich“ genannt, die Kokurrenz sogar auf dem einstigen Stammsektor von G + J etablieren: Schulte-Hillen knallt dem Flaggschiff Stern, das Chefredakteur und Vorstandskollege Rolf Schmidt-Holtz („Kleiner Bindestrich“) in den letzten drei Jahren personell gründlich ausgeräumt hat, ein Schlicht-Sternchen in Focus-Machart vor den Bug. Dadurch wird zwar die ohnehin auf 1,28 Millionen gesackte Stern-Auflage weitere 200.000 Exemplare verlieren. Weil aber, so die neue Lesart, die Billig-Info-Illustrierte, welche wie der Stern donnerstags erscheinen soll, 500.000 Abnehmer finden will, soll die Große-Bindestrich-Rechnung aufgehen.
Schulte-Hillen holte sich für die große Donnerstags-Offensive eigens einen Seelenverwandten, den strammen Bild-Mann Hans-Hermann Tiedje. Die „schwarze Seele mit vielen roten Freunden“ (Tiedje über Tiedje) werkelt im konzerneigenen Berliner Verlag (Berliner Zeitung) an BuBi, so der Arbeitstitel seiner „pragmatischen“ Info-Illu. Das Blatt ist für die schweigende Mehrheit der von Computer und Fernsehen geprägten 19- bis 49jährigen gedacht, die bisher die Bunte und Bild liest: „Uns interessiert alles, was Thema ist in Deutschland. Wir werden viel Optik, Lesernähe, hohe Aktualität bieten. Wir wollen, daß es kracht.“ Rund hundert Redakteure sollen allwöchentlich 100 Seiten Action produzieren. Start soll im Sommer sein.
Aber nicht nur der Große G + J-Bindestrich will sich auf dem Schlicht-Info-Schauplatz etwas beweisen, auch der Springer-Vorstandsvorsitzende Günter Prinz steht in den Startlöchern. Unterstützt von dem Ex-Bild- und Ex- Super-Mann Peter Bartels ist Prinz darauf erpicht, seinen Abgang im Juli mit dem Auftritt von News, einem BRD-Aufguß des gleichnamigen österreichischen Illu-Verkaufsschlagers, zu krönen. Dem Zeitschriftenhandel ist News bereits angekündigt.
Und auch der Bauer-Verlag, bekannt für aggressive Marktpolitik, ist längst in Stellung gegangen: Dort sind, so Verlagssprecher Roman Köster, die Herren Hartmut Volz (bisher News-Österreich) und Michael Gatermann (Ex-Vize des Manager-Magazins) ebenfalls mit „einer Info-Illustrierten für eine gehobene Zielgruppe schon ziemlich weit“. Ulla Küspert
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