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Noch die Grippe wirkt frischwärts

■ Verliebt, verlobt, final verheiratet: Hormanns „Frauen sind was Wunderbares“

Eine Frau liebt zwei Männer und kann sich nicht entscheiden. Die beiden gleichen sich wie Brüder, sind so erfolgreich wie wohlhabend und bewohnen ähnlich lukrative Hamburger Lofts – nur ein Hinterhof trennt sie. Schnelle Autos, schicke Bars und Champagner ergänzen das Bild; noch die Grippe wirkt frischwärts und der Liebeskummer windschnittig. Bloß was die Frauen betrifft, sind die zwei dynamischen Dreißiger verschieden. Arthur (Thomas Heinze, wer sonst) gibt einen respektiven Macho und womanizer ab, Zeno hingegen (Kai Wiesinger, wegen der Ähnlichkeit) einen schüchternen, alleinstehenden Vater. Dazwischen hangelt sich Kim, Volksschullehrerin, junge Mutter, bildhübsch (Barbara Auer, wer sonst) von der anfänglichen Verlobung mit Arthur zur finalen Zweisamkeit mit Zeno.

Von A nach Z: Zwar gehorcht Kims Männerwahl der Logik der alphabetischen Reihenfolge; alles andere jedoch entbehrt jeglicher Glaubwürdigkeit. Das Ambiente stinkt vor Geld, aber man geht in den Waschsalon, wegen des Lokalkolorits. Die Kids werden vernachlässigt, aber die finden das klasse und schlafen ein, wenn sie sollen. Plot, Pointen und Schauplätze strotzen vor konstruierter Künstlichkeit; offenbar glaubt Sherry Hormann, im Zeitalter von Postmoderne und Postfeminismus die Wahrheit über Männer und Frauen nur solcherart gestylt erzählen zu können (was nach ihrem traurig-schönen Debüt „Leise Schatten“ allerdings verwundert). Eine Gans sorgt für den mystischen Touch, den das aufgesetzte Reklamelächeln der Protagonisten regelmäßig wieder zunichte macht.

Ein ärgerlicher Film, der sich getrost in die Reihe verkrampfter deutscher Komödien einordnen ließe, wenn die Machart nicht mittlerweile Methode hätte. Der Clinch, der Seitensprung, die ménage à trois dienen als vorübergehende Verirrung, die so oder so in den Hafen der Ehe führt. Das Strickmuster ist alt. Aber während die Screwball Comedy den engen Rahmen der bürgerlichen Moral immerhin nutzte, um ihn bis an die Grenzen der Hollywood-Tabus auszureizen, halten sich die neueren deutschen Beziehungskomödien fast ausnahmslos an das angestaubte klassische Muster der fünfziger Jahre. Ob in „Männer“, „Allein unter Frauen“, „Ein Mann für jede Tonart“ oder „Frauen sind was Wunderbares“ – da mag die Kleinfamilie noch so frauenbewegt oder alternativ in Frage gestellt werden, am Ende triumphieren Ehe, Zweisamkeit, Monogamie. Andere Lebensformen? Nein danke!

Zwei Männer lieben die gleiche Frau, aber keiner gibt nach. Da die beiden so verschieden sind, ergänzen sie einander zur idealen Männerfreundschaft, die durch besagte Frau auf die Bewährungsprobe gestellt wird. Das Problem der Frau, zwei Männer zu lieben, wird gar nicht verhandelt. In „Männer“ kehrt die Gattin zu ihrem Angetrauten zurück, bei Sherry Hormann nimmt Kim den, der übrigbleibt. Verlobungen mögen zu lösen sein, aber seinesgleichen bleibt das starke Geschlecht auf ewig treu. Männerbünde: unverbesserlich, aber unzertrennlich.

Und doch gibt es einen Unterschied zwischen Doris Dörries Kinoerfolg „Männer“ und Sherry Hormanns um Aufmerksamkeit heischender Neuauflage. Dörrie wirft auf ihre Helden einen amüsierten, aber gnadenlosen Blick. Der Werbefuzzi mag ganz altmodisch seine Ehe retten wollen, der Film heißt dies weder gut noch schlecht. Er mokiert sich bloß über die pfiffig-perfiden Tricks des Gehörnten. Und das alternative wie das neureiche Milieu zeigt er mit selbstkritischer Distanz. Sherry Hormanns Film suhlt sich darin: Er belächelt nicht die neue deutsche Tüchtigkeit, sondern liebäugelt damit, findet es schick.

Der Soundtrack (von k.d. lang bis Laurie Anderson ausschließlich Frauen) sorgt für gediegen emanzipiertes Niveau; die Selbstironie weicht narzißtischer Affirmation. So wird der anfangs ernsthaft behauptete Wille zur Unabhängigkeit schließlich ohne Zögern über Bord geworfen. Happy- End mit Doppelhochzeit: Das junge deutsche Kino feiert die alte Moral als neue Lebensphilosophie. Ein Film für die Junge Union. Christiane Peitz

Sherry Hormann: „Frauen sind was Wunderbares“. Kamera: Benedict Neuenfels, Musik: Dominik Graf/Helmut Spanner. Mit Barbara Auer, Thomas Heinze, Kai Wiesinger u.a. Deutschland 1994, 85 Min.

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