piwik no script img

Dasa mit Alternativen zum Eurofighter

■ Schrempp spricht mit Rüstungskritikern / Profit-Center und mehr zivile Produkte

Berlin (taz) – Während die Deutsche Aerospace AG (Dasa) in der Öffentlichkeit noch vehement den Bau des umstrittenen europäischen Jagdflugzeugs „Eurofighter 2000“ fordert, arbeitet der Konzern konzentriert an zivilen Ersatzprojekten. Das Daimler- Benz-Tochterunternehmen trifft Vorsorge für den Fall, daß nach der Bundestagswahl im Oktober eine rot-grüne Regierung das Flugzeugprojekt absagt. Das berichten Rüstungsgegner aus einem Gespräch mit dem Dasa-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp.

Nach dem Gespräch über mögliche Umstellungen von militärischer auf zivile Produktion zitierte der Sprecher der kritischen AktionärInnen von Daimler-Benz, Jürgen Grässlin, Dasa-Chef Schrempp mit den Worten: „Bei veränderten politischen Rahmenbedingungen haben wir zivile Projekte in der Schublade.“ Der für Unternehmensplanung zuständige Mitarbeiter Wolfgang Piller habe auf die intensiven Dasa-Aktivitäten „auf den Gebieten der Energieerzeugung, -speicherung und -verteilung, wie zum Beispiel der Photovoltaik und der Elektrolyse“, hingewiesen. Grässlins Fazit: „Die Dasa kann ohne den Eurofighter auskommen.“

Offiziell dagegen drängt die Daimler-Benz-Tocher Dasa weiterhin auf den Bau des Jagdflugzeugs und versucht, zusätzliches Geld aus dem Projekt herauszuschlagen. Unlängst erst ging bei der Bundesregierung eine Nachforderung in Höhe von 570 Millionen Mark für die Entwicklung des Eurofighters ein. Das auf 50 Milliarden Mark geschätzte Rüstungsprogramm würde der Dasa helfen, ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu überwinden. Alleine für das Jahr 1993 hat der Konzern mit seinen Kerngeschäften Rüstung und Luftfahrt einen Verlust in dreistelliger Millionenhöhe eingefahren.

Gegenüber der taz wies Dasa- Sprecher Detmar Grosse-Leege darauf hin, daß der „Totalausfall“ des neuen Kriegsflugzeugs „nicht kompensierbar“ sei. Für diesen Fall droht der Konzern mit der Kündigung von Beschäftigten, die über den angekündigten Abbau von 10.000 der insgesamt 80.000 Arbeitsplätze noch hinausgeht.

Währenddessen schraubt die Dasa ihre Rüstungsproduktion gezwungenermaßen zurück. Denn die Bundeswehr kann immer weniger Geld für neue Waffen ausgeben. Während im Geschäftsjahr 1992 noch 6,4 Milliarden Mark – 37 Prozent des Umsatzes von 17,3 Milliarden Mark – mit Granaten, Raketen und Kriegsflugzeugen erwirtschaftet wurden, liegt der militärische Anteil nach Konzernangaben zur Zeit nur bei 25 Prozent. 4.500 Arbeitsplätze wurden im vergangenen Jahr aus der militärischen in die zivile Produktion verlagert, berichtet der Konzern. Nicht zu übersehen ist, daß sich das Unternehmen beim Umweltschutz zunehmend engagiert. So produziert die Dasa-Tochter Dornier in Friedrichshafen Anlagen für die Wasseraufbereitung und erstellt Gutachten für Umweltverträglichkeitsprüfungen. Der Produktbereich Radar und Funk in Ulm rüstet Kommunen mit Computermülltonnen aus, die das Gewicht des Mülls messen und die individuellen Abfallgebühren berechnen.

Teile des Konzerns will die Dasa noch in diesem Jahr in sogenannte Profit-Center umstrukturieren. „Mit dieser Strategie soll die zivile Produktion gestärkt werden“, meint Dasa-Sprecher Andreas Breitsprecher. Ein Mitarbeiter des Unternehmens aus Ulm, der seinen Namen nicht nennen möchte, gibt ein Beispiel für die Wirkung der Umstrukturierung: Bisher seien die Entwicklungskosten für Radargeräte sehr hoch gewesen, weil die Bundeswehr als Auftraggeber und Käufer quasi jeden Preis bezahlt habe. Diese „militärische Kostenstruktur“ erschwere es ungemein, mit anderen Radaranbietern um die Ausrüstung ziviler Flugplätze zu konkurrieren. In Ulm sollen in Zukunft neun Profit-Center Abhilfe schaffen: Die Betriebsteile werden aus der bisherigen Unternehmenshierarchie ausgegliedert und sind für ihre Gewinne selbst verantwortlich. Sie können etwaige Verluste nicht im Gesamtunternehmen verstecken und werden damit dem Druck ausgesetzt, die Kosten zu senken. Das schafft die Voraussetzung dafür, auf zivilen Märkten konkurrenzfähig zu sein.

Dieter Rückgauer, Leiter der Umweltplanung in Friedrichshafen, hofft, daß er im Rahmen des Profit-Centers zusätzliche Mitarbeiter für den Vertrieb einstellen kann. Bisher kümmerten sich die Gutachter selbst um den Verkauf. Grund für die Vernachlässigung: Ertragssteigerung in Randbereichen wie der Umweltplanung waren von geringem Interesse, weil der Löwenanteil des Umsatzes ohnehin in den Kernbereichen Rüstung und Luftfahrt erzielt wurde.

Die Doppelstrategie der Dasa zeigt sich auch hier: Nicht nur im zivilen, sondern auch militärischen Bereich sollen Profit-Center gegründet werden. Denn auch auf dem Markt für Kriegstechnik wird die Konkurrenz härter – der Waffenkonzern muß sich gegen Mitanbieter durchsetzen. Hannes Koch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen