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Lesestoff 1 Die Perspektive der Brötchengeber

„Die Zeichen stehen auf Sturm. Nach langen Jahren der Ruhe an den deutschen Hochschulen werden Studenten wieder aktiv und gehen an die Öffentlichkeit.“ So beginnt das „Audimax-Jahrbuch 1994“. Ein Kapitel ist mit „Studenteninitiativen“ überschrieben. Wohlmeinende Verwandte, die, durch diese Formulierungen gelockt, politisch engagierten StudentInnen das Büchlein schenken könnten, hätten sich gründlich vertan.

Das jetzt zum sechsten Mal erschienene Jahrbuch richtet sich an Menschen, die wissen möchten, was Peronalabteilungen wünschen. Das von Oliver Bialas und Marc Hübner im Nürnberger Audimax-Verlag herausgegebene Bändchen beschränkt sich darauf, Studierenden Hilfestellungen bei der Berufsplanung zu geben.

Ein 25seitiger „Arbeitsmarkt-Report“ stellt, nach Berufsfeldern gegliedert, die statistischen Beschäftigungschancen dar und zählt daneben auf, welche Zusatzqualifikationen bei der Jobsuche behilflich sein könnten. Auch Tips zum Verhalten bei Prüfungen oder Bewerbungsgesprächen finden sich, ebenso überblicksartige Empfehlungen zur Zeiteinteilung oder zur sinnvollen Transformation von Streß.

Viele Artikel greifen jedoch in die Zeit des Berufslebens vor und sind eher für dynamische Jungmanager als für Studis mit 500 Mark Bafög pro Monat geschrieben.

Hoschulabsolventen erfahren, was sie beim Kauf einer „Neubau- Wohnung für 330.000 Mark“ beachten müssen. StudentInnen dagegen lesen nichts über die Wohnungssituation in deutschen Universitätsstädten. Auch die Beschreibung von Fortbildungsprogrammen in bestimmten Firmen paßt nicht recht in ein Buch, dessen Autoren vorgeben, ein Buch für Studis geschrieben zu haben.

Das Buch ist eindeutig aus der Perspektive von Personalabteilungen geschrieben. Die immer wieder beklagte Kluft zwischen der Zukunftsplanung Studierender und der Erwartung potentieller BrötchengeberInnen wird durch ein Buch, das Anpassung propagiert, sicher nicht geschlossen. mf

Oliver Bialas, Marc Hübner: „Audimax-Jahrbuch 1994“, Nürnberg 1994, 10 Mark

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