■ Standbild: TV-Salmonellen
„Super“, So., 10.30 Uhr, Sat.1
Die Sendung hat nicht einmal einen Namen. Nach einem Titelstreit mit dem ZDF darf sich „Super Mag“ nur noch „Super“ nennen, und auch das ist noch voll gelogen. Denn dieses neue „interaktive Jugendmagazin“, das auf das Konto der Produktionsfirma „Me, Myself and Eye“ („Canale Grande“) geht, ist mitnichten super. Tatsächlich ist die Sendung, die ein Schreibknecht aus der Sat.1-Werbeabteilung in einem Anfall von synästhetischer Verwirrung als „energiespendenden Fernsehsnack für den kleinen TV-Hunger“ ankündigte, der letzte Dreck: Fernseh-Salmonellen in Reinkultur.
Zwei wild grimassierende Moderatoren-Clowns hampeln durch eine zusammengestückelte Küchen-Deko und geben sich alle fünf Minuten mit einer Plastikknarre den Kopfschuß (welch subtiler Cobain-Verweis). Dazu die üblichen Einspielfilme: „Trends, Tips und Reportagen aus Musik und Lifestyle“ – abgenudelte Recyclingware, MTV in der vierten Kopier-Generation.
Überhaupt das Fernsehhandwerk. So viel stümperhafte Handkamera gab's noch nie. Der Ton besteht im wesentlichen aus zusammengeangelten Sprachfetzen zwischen den Schlüsselwörtern „total“, „geil“ und „angesagt“. Dabei sind die „Super“-Leute im Grunde ihres Herzens natürlich wahnsinnig kreativ und erfinden kurzerhand den „ersten Kamerahund der Fernsehgeschichte“. Nun muß dieser arme Mops mit einer aufgeschnallten Videokamera durchs Studio hinken, nur um das ein oder andere „schrille“ Fernsehbild abzuwerfen. Als sei man mit der „Doggycam“ nicht schon genug auf den Hund gekommen, muß dazu noch eine „interaktive Robocam“ her – eine weitere Zuschauer-Übertölpelung in der Reihe der fortgesetzten Verdummungen: Desorientiert versuchen aus dem Bett gefallene Kids über Telefontasten eine Reise nach London zu gewinnen. Chancenlos. Alles Lüge.
Tatsächlich kommt „Super“, wie so viele Jugendsendungen, nicht über das Stadium der Verlogenheit heraus. Hier machen Berufsjugendliche einen auf jung. Und haben dabei eigentlich nichts mitzuteilen. Die vorsätzliche Regression steht allein im Dienste der Zielgruppen- Bindung. Das Ergebnis dieser Anstrengungen ist die zur Grimasse erstarrte Juvenilität.
Am Ende der Sendung rollen die per „Fax und Fon“ eingelaufenen messages der Super-User durchs Bild: Klosprüche im Vorbeisehen auf die Mattscheibe gekritzelt: „Heti grüßt Pleti“ und „voll geil“. Manche haben auch lichte Momente. Spider aus Berlin titelte: „Ich will Fernsehverbot!!!“ – Ich auch. Martin Muser
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