: Buthelezi springt zurück ins Boot
■ Südafrika: Inkatha gibt den Wahlboykott auf / Gegenleistungen werden später festgelegt
Johannesburg (taz) – Südafrikas konservative Zulu-Bewegung Inkatha hat sich gestern entschlossen, doch noch an den ersten allgemeinen Wahlen des Landes in einer Woche teilzunehmen. Die überraschende Wende wurde nach einem Treffen zwischen Staatspräsident Frederik de Klerk, ANC-Führer Nelson Mandela und Inkatha-Führer Mangosuthu Buthelezi bekanntgegeben. Mandela: „Die Vereinbarung ist ein Sprung vorwärts für Frieden, Versöhnung und den Aufbau unserer Nation. Wir sind ein Land und ein Volk.“
Die Einigung zwischen den politischen Führern kam spät. Zuvor waren mehrere nationale und internationale Vermittlungsversuche gescheitert. Der Preis für den späten Sinneswandel: Inkatha muß sich mit viel weniger zufriedengeben als ursprünglich verlangt. Die sechs Punkte umfassende Vereinbarung verspricht, offenstehende Fragen, wie die Stärkung von Befugnissen der Bundesstaaten unter ausländischer Vermittlung, nach den Wahlen weiter zu diskutieren. Das weiße Minderheitsparlament wird am kommenden Montag, einen Tag vor Wahlbeginn, noch einmal zu einer letzten Sitzung in Kapstadt zusammenkommen, um letzte Verfassungsänderungen zu beschließen. Unter anderem soll die Rolle des Zulu-Königs Goodwill Zwelethini abgesichert werden.
Der Notstand in der Provinz Natal, der vor knapp drei Wochen ausgerufen wurde, bleibt vorläufig weiter in Kraft. „Es ist meine größte Hoffnung, daß diese Vereinbarung der Gewalt in unserem Land ein Ende machen wird“, sagte de Klerk zwar. Menschenrechtler fürchten jedoch, daß trotz der Versöhnung der Politiker in Pretoria die Gewalt in der Bürgerkriegsprovinz Natal weitergehen wird. Der Grund: Angesichts der wenigen Tage, die bis zu dem Urnengang noch bleiben, wird vor allem die territoriale Kontrolle über bestimmte Wohngebiete durch Inkatha- Warlords wichtig für ein gutes Wahlergebnis sein. Der Regierungssprecher des von Buthelezi regierten Homelands KwaZulu in Natal, Thembinkosi Memeli, erklärte, eine für heute in der Homeland-Hauptstadt Ulundi geplante Protestveranstaltung werde nun zur Wahlveranstaltung umfunktioniert. Inkatha-Mitglieder in der Hafenstadt Durban in Natal wußten offenbar schon vorher Bescheid: sie rückten gestern am frühen Morgen in Scharen mit Wahlkampfmaterial aus.
Schon am Wochenende, so bestätigte Buthelezi gestern nachmittag, hatte die Zulu-Organisation während einer Sitzung des Zentralkomitees die Kehrtwende beschlossen – und sich damit dem Zwang der Fakten gefügt. Denn mit dem Wahltag wird KwaZulu, in dem Buthelezi als Chief Minister fungiert, aufgelöst. Nicht nur er, sondern auch seine Mitarbeiter und Parteifreunde hätten dann ihre Posten verloren. Schlimmer noch für die politische Zukunft von Inkatha: die Gruppierung wäre bei einem Wahlboykott nicht in den Genuß der Wahlkampfgelder gekommen, die jede andere Gruppierung bezieht. Nelson Mandela wie auch die Regierung von Staatspräsident Frederik de Klerk hatten in der Vergangenheit Buthelezi auch immer wieder mit dem Angebot zur Wahlteilnahme gelockt, er könne Mitglied der Regierung der Nationalen Einheit werden, die nach den Wahlen gebildet werden soll. Bisher wies der Inkatha-Chef solche Ansinnen weit von sich. Es steht zu vermuten, daß während der zweitägigen Verhandlungen erneut über diese Frage gesprochen wurde. Ungeklärt freilich bleiben vorläufig noch die logistischen Probleme, die Inkathas Sinneswandel verursacht. So müssen jetzt noch Millionen von Stimmzetteln neu gedruckt werden, auf denen bisher Inkatha nicht steht. Willi Germund
Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen