■ Zur Debatte: Mauergrundstücke: Gleiches Recht für alle
Die Gemeinschaft der Alteigentümer wird es gefreut haben. Der Bundesausschuß des Abgeordnetenhauses, ausgerechnet in Gestalt des bündnisgrünen Interimsvorsitzenden Michael Cramer hat noch einmal das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ eingefordert. Als hätte dieser Passus aus dem Einigungsvertrag nicht genug Schaden angerichtet. Behörden sind noch immer mit der Bearbeitung von Rückerstattungsvorgängen lahmgelegt. Immobilien gammeln vor sich hin, weil die Klärung der Eigentumsverhältnisse aussteht. Währenddessen sitzen Mieter in den neuen Ländern – in manchen brandenburgischen Gemeinden mehr als die Hälfte – auf gepackten Koffern und warten auf ihren Rausschmiß durch die Alteigentümer. Das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ hat sich als einer der großen Fehler der Vereinigungsgeschichte erwiesen. Und das haben bisher auch die Bündnisgrünen so gesehen. Wenn sie jetzt die Mauergrundstücke zu einem Sonderfall erklären, so verstoßen sie gegen ein anderes, wichtiges Prinzip: gleiches Recht für alle. Ein Rückgabeanspruch gewinnt nicht deshalb an Gewicht, weil die betreffende Immobilie für den Mauerbau mißbraucht wurde. Werden die Mauergrundstücke rückübertragen, legitimiert das auch alle anderen Restitutionsgesuche.
Der Vorwurf, die Bundesregierung segne durch ihr Verhalten die Enteignungen und gar die Mauer nachträglich ab, zeugt von Naivität. 40 Jahre DDR-Geschichte haben Tatsachen geschaffen. Diese können nicht geleugnet werden, indem der Status quo ante wiederhergestellt wird. Und auch, wenn die neuen und alten Eigentümer den „Todesstreifen“ mit Einfamilienhaus, Jägerzaun und Rosenrabatten bis zur Unkenntlichkeit entstellen, ist er nicht aus der Geschichte zu tilgen. Silvia Schütt
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