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Black & white – Geschichten aus dem neuen Südafrika von Bartl Grill

Die ökologiemäßig strenge Leserin, der autofeindliche Leser sollten die Lektüre lieber beenden. Spätestens nach diesem Punkt. Liest noch wer weiter? Also gut. Elftes Gebot, du sollst nicht rasen und Frösche totfahren. Wir bekennen uns schuldig. Neulich sind wir wieder einmal wie die Rennsäue durch das schöne, herbstliche Highveld gebrettert. Gaspedal durchgedrückt, 190 km/h, jawoll! Und warum? Weil wir die werte Leserschaft mit Brandaktuellem bedienen müssen. Diesmal ging's zum Wahlkampf von Nelson M. nach Natal. Wir wollten überprüfen, ob auch dort der Stammeskrieg tobt: Zulu gegen Xhosa, Mord am großen Fluß, wie beim großen Scholl-Latour oder bei den Kurzzeitexperten der journalistischen Luftlandetruppe, die in drei Tagen mehr herausfinden als unsereins in drei Jahren.

190 Sachen also. Dann plötzlich, in einer langgezogenen Kurve unweit von Howick, steigt Stephen L., der Pilot, in die Bremsen — eine Radarfalle. 145 km/h, sagt die Polente. Beweise? Nö, nö, sagen wir, schon gut. Aber wissen Sie, Herr Wachtmeister, wir sind Reporter und müssen unbedingt zu Nelson, dem Präsidenten in spe. Zu wem? Der Polizist schaut ungläubig aus der Khaki-Uniform. Dann greift er ganz langsam zum Halfter, zieht seine Pistole, präsentiert sie uns auf dem Handteller und spricht feierlich: „Take it and sort it out – nehmt die Wumme und erledigt den Fall.“ Pilot und Kopilot schauen sich an. Und fragen verdutzt, wie es denn mit Strafzettel oder so sei. Schon gut, weiterfahren, sagt augenzwinkernd der Pistolero. Wir steigen in unseren Silberpfeil und nehmen die wilde Jagd wieder auf: 130, 150, 185...

In Howick ist der Asphalt ziemlich heiß, das hätten wir eigentlich wissen müssen. Genau hier fuhr am 5. August 1962 ein gewisser Nelson M. als Chauffeur verkleidet in eine Straßensperre. Es sollte sein erster von ungefähr 10.400 Tagen in Gefangenschaft sein. Später fällt's uns ein. Der heilige Christopherus hat geholfen: Wir kommen wohlbehalten in Durban an. Gerade noch rechtzeitig. Denn keine zwei Minuten später schießt die Wagenkavalkade des ANC aus dem Flughafen heraus und das Autogeschwader der Weltpresse gleich hinterdrein. Jetzt wird es erst richtig kriminell: an der Spitze Nelson M., dann die Leibgarde, dann 15 oder 16 Leihwagen, Stoßstange an Stoßstange, aggressiv wie ein Schwarm Hornissen, die einen Bullen verfolgen. Da wird überholt und rausgeschnitten und ausgebremst, daß man glaubt, auf der Formel-1-Rennstrecke von Kyalami zu sein. Die normalen Verkehrsteilnehmer, durch Huperei und Aufblenderei terrorisiert, weichen erschrocken aus. Dann bricht der Korso mit Karacho ins Township Lamontville hinein. Ein Sicherheitsmann rammt den Kollegen Joggele D. Weiter, weiter, Wahlkampf ist, Schlußspurt bei der Stimmenhatz, nächste Woche wird gewählt.

Seit 1977, als uns Polizeischläger durch die Wilster Marsch hinter dem AKW Brokdorf gejagt hatten, sind wir nicht mehr so gemeingefährlich gerast. Fazit: Allen ANC- Funktionären und Pressemenschen müßte sofort der Führerschein gezwickt werden. Aber unsere Story ist wieder einmal im Sack: Zehntausende von Zulus haben dem Xhosa Nelson M. zugejubelt. Und der Stammeskrieg? Den müssen wir im Temporausch übersehen haben.

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