: SPD-Streit um „Rasenmäher“-Sparen
■ Antrag für Landesparteitag: Mehr Sparen bei Prestige-Objekten
„Unsinniges wird vielfach erhalten oder gar ausgebaut, Sinnvolles muß gestrichen werden“, so stellt sich für den Ortsverein Altstadt der Bremer SPD die bremische Sparpolitik dar. Die Gleichstellungsbeauftragte Ursel Kerstein, Andreas Bovenschulte und das Landesvorstands-Mitglied Carsten Sieling haben für den Landesparteitag an diesem Samstag einen Antrag formuliert, mit dem die Korrektur dieser Finanzpolitik gefordert wird.
Die Altstadt-Genossen gehen dabei pragmatisch vor: 28 Millionen Mark wollen sie verschieben, um das „Rasenmäherprinzip“ in der Haushaltspolitik zu beenden. Schwerpunkte mit sozialdemokratischer Handschrift sollen dafür gesetzt und eine Wende in der bremischen Politik eingeleitet werden.
Ihre Begründung ist nicht überraschend, wohl aber, daß sie ernst gemeint und mit Konsequenzen in Mark und Pfennig versehen ist: „Teure Investitionsprojekte und Prestigemaßnahmen müssen gestoppt werden“, heißt es in dem Papier der drei Altstadt-VertreterInnen, sie könnten zumindest auf die lange Bank geschoben werden. Die SPD dürfe die Proteste aus Kindergärten, Schulen, Sportvereinen und Kulturinitiativen etc dagegen nicht länger ignorieren.
Ganz konkret im 94'er Etat wollen die Altstädter Sozialdemokraten deshalb 15 Millionen bei der Gewerbeflächen-Erschließung streichen. „1993 hat die Stadt statt der geplanten 50 Hektar nur 11 Hektar verkauft“, ist das Argument. Bei den geplanten 120 Millionen Mark für Gewerbeflächenerschließung seien deshalb ohne Probleme Abstriche zu machen.
Der zweite Kürzungsvorschlag betrifft die direkte Wirtschaftsförderung. 1993 seien die Fördermittel „nur unter großen Mühen“ auszugeben gewesen, da seien 5 Millionen einzusparen. Prestigeobjekte - 5 Millionen weg. Außenwirtschafts-Repräsentanzen in Übersse können mit anderen Bundesländern gemeinsam betrieben werden, beim World Trade Center sollen Zuschüsse reduziert werden. Sparsumme: 1 Million. Bei den Zuschüssen für das Firmen-Imperium, das der Wirtschaftssenator alimentiert, (Messe-GmbH, Stadthallen-GmbH, Hanseatische Veranstaltungs-Gesellschaft, BBI etc, Zuschuß in 1994: 15 Millionen Mark) könnten schließlich 2 Mio gekürzt werden. Macht unter dem Strich 28 Millionen.
Dieses Geld soll so verwendet werden, daß die Kürzungen bei Kindergärten, Behindertenhilfe, Gesundheitsprojekten, Drogenhilfe oder Frauenprojekten weniger drastisch ausfallen. Schäden an Radwegen, Straßen und Schulen könnten behoben, Freizeit- und Sportanlagen könnten von einer Schließung verschont, „dringend notwendige Modernisierungen in den Krankenhäusern“ könnten realisiert werden.
Die Kürzungsvorschläge verlangen keine radikale Kehrtwende, sondern nur geringfügige Korrekturen. Eine Weichenstellung würden sie aber dennoch bedeuten: Demnächst stehen nämlich Vorentscheidungen über die Eckwerte des Etats für 1995 an, und darin sollen die Umschichtungen fortgeschrieben werden.
Auf der Tagesordnung des SPD-Parteitages stehen am Samstag sonst nur Wahlen nach Vorschrift: Der alte Landesvorstand, darauf haben sich die Unterbezirke im Regionalproporz geeinigt, soll wiedergewählt werden. K.W.
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