: Schade um Dago
■ Nun ist's passiert: Berliner Polizei schnappt Karstadt-Erpresser Dagobert Von Kai von Appen
Aus für Karstadt-Erpresser „Dagobert“ alias Arno Funke. Beamten des Berliner MEK gelang es gestern morgen um 10.18 Uhr, den phantasievollen Erpresser in einer Telefonzelle zu überwältigen. Hamburgs Chef der Sonderkommission Dagobert, Ulrich Tille, zu dem 44jährigen Lackierer und Vater einer dreijährigen Tochter: „Er im vollem Umfang geständig.“
Der trickreiche, technisch versierte Dagobert ist seiner Leidenschaft für Moutain-Bikes zum Opfer gefallen. Nach dem am Dienstagabend erneut geplatzten Geldübergabeversuch war den Fahndern ein Mann in einem Mietwagen aufgefallen, indem ein stollenbesetztes Fahrrad aufbewahrt wurde. Die Fahnder kombinierten... Tags darauf stellte sich heraus, daß der Mietvertrag nach dem geplatzten Deal um drei Tage verlängert worden war. Ergo: Observation .
Letztlich zum Verhängnis wurde Autodidakt Dagobert, der über eine kleine Laubenwerkstatt verfügte, eine Telekom-Box in Berlin-Treptow. Als er nämlich gestern morgen bei Karstadt Mö in Hamburg einen neuen Übergabetermin für die geforderten 1,4 Millionen Mark ausmachen wollte, schlossen sich Berliner und Hamburger Fahnder kurz – der Zuschlag erfolgte und die 10 Millionen Mark teure Fahndung war zu Ende. Hamburgs Polizeichef Heinz Krappen: „Er räumte sofort ein, Dagobert zu sein.“ Inoffiziellen Meldungen zufolge soll ausgerechnet dem MEKler die Festnahme gelungen sein, der am 29. Oktober 1992 bei einem Geldübergabeversuch im Bahnhof Berlin-Charlottenburg bereits den Karstadt-Erpresser an der Jacke gepackt hatte, jedoch dann auf Hundescheiße ausrutschte und auf der Nase landete.
Dabei war Dagobert in der Vergangenheit in Sachen Telekom immer vorsichtig. Hatte er zunächst seine Gelddates von digitalen Fernsprechern abgemacht, sattelte er just zu dem Zeitpunkt auf die konventionellen Münztelefone um, als die Polizei mit mehreren hundert Beamten in Berlin sämtliche Digital-Fernsprecher überwachten.
Seit Dagoberts Bombenanschlag in der Porzellanabteiling von Karstadt Mö im Juni 1992 narrten sich Dagobert und Polizei gegenseitig. Da gab es die Story, als er bei einer Geldübergabe in Aumühle einem Heer von MEK-Beamten auf einem Moutaine-Bike davonradelte – auch wenn er mit farbpräparierten Papierschnipseln gelinkt wurde. Oder die Geschichte, als der MEKler in die Scheiße rennt. Die Idee mit der Streusandkiste, die über einem Gully steht – umringt von Fahndern, die trotz Bewegungsmelder nicht glauben, daß Dagobert von unten kommt. Nicht zuletzt das Schauspiel auf dem stillgelegten Güterbahnhof-Charlottenburg, als Dagobert die Knete auf einem eigens konstruierten Schienengefährt 1.8 Kilometer direkt zu seinem Geldsack jagen läßt. Und als die Fahnder die Verfolgung aufnehmen, lösen sie aufgrund von Fallschnüren ein regelrechtes Feuerwerk aus. Episoden, die für Heiterkeit und Sympathie sorgten.
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