Doppelter Tanztheater-Genuß

Doppeltes Tanztheater garantierte am vergangenen Wochenende auf Kampnagel einen außergewöhnlichen Kulturgenuß:Die französische Tanzgruppe Compagnie Odile Cazes zeigte am Freitag ein getanztes Gemälde, die Compagnie du Solitaire am Sonnabend eine Ballade zu Landschaften. Ursprünglich geplant war der Auftritt beider Compagnien am Freitag, was bei Tanztheaterlaien zu einer intellektuellen Überdosierung geführt hätte.

Odile Cazes choreographierte ein seltsam fremd wirkendes Stück „Les salutions d'un ami loinain“ für ihre gleichnamige Gruppe. In blaues Licht getaucht, erwachen die vier Tänzer, für die Zuschauer unnahbar, auf der Bühne. Das Bewegungsspiel beginnt langsam, mit zum Teil synchronen Bewegungen. Fragmente experimenteller Musik unterstützen den Eindruck, daß die Akteure einen Kampf erleben. Ungewiß bleibt, ob sie ihn im eigenen Körper ausfechten, wie es die zuckenden und windenden Bewegungen ausdrücken, oder ob sie mit- und gegeneinder agieren, wenn sie als Gladiatoren, im Lichtquadrat gefangen, Karateschläge führen. Die Choreographie ist inspiriert von einem Gemälde Giorgio de Chiricos über das antike Rom. Die Plätze und Säulen sind mit Licht und Schatten an zwei Bühnenwände geworfen. Angesichts des anstrengenden Tanzes bleibt der Zuschauer über Strecken ratlos. Das Bild der Gruppe wirkt jedoch eindrucksvoll nach, zumindest im Kontrast zu der bunten und leichten Aufführung von Michele Anne de Mey im Anschluß.

Schmunzeln entlockte dagegen die spielerische, nur 30 Minuten kurze Ballade „Fragmente, dem Schlaf entrissen“ der Compagnie du Solitaire, die ihre Traumbilder nach Texten von Paul Klee und Alan Silitoe tanzte. In der stillen Choreographie stört keine Musik das Bewegungsspiel der drei Tänzer. Scheinbar intuitiv entwerfen die drei Künstler Posen und Gruppenbilder, vom anderen inspiriert oder aus einem Impuls, mit Neugier und Lust an den Körperbewegungen. Dies scheint das einzige zu sein, was die Tänzer ausdrücken wollen. Denn auch in ihrer Kleidung – Allerweltsklamotten wie bequeme Hosen, kariertes Hemd oder Freizeitschuhe mit weichen Sohlen – muß der ahnungslose Betrachter keine versteckten Geheimnisse vermuten. K. Wienefeld