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■ Nach dem Rückzug der bosnischen Serben von GoraždeWeiterhin schlechte Aussichten

Immerhin, allein die Drohung mit einem militärischen Einsatz hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Wie schon in Sarajevo im Februar zeigt sich: wenn ernsthaft militärische Mittel in Erwägung gezogen werden, ist dem Morden ein Ende zu bereiten. Die Frage an die Mächtigen der Welt, warum nicht gleich nach Sarajevo auch in bezug auf die anderen Enklaven gehandelt wurde, ist leider nicht beantwortet worden. Denn wären die UNO und die Nato konsequent geblieben, wäre das Leben vieler Menschen gerettet worden – und Goražde wäre heute kein Trümmerfeld.

Daß diese Schuld angenommen und künftige Ratschläge beherzigt werden, ist dennoch nicht anzunehmen. Zu eingefahren scheinen die Züge der internationalen Politik, der es bei den Verhandlungskünsten eines Lord Owen ja lediglich gelang, den Krieg etappenweise zu verlängern. Schon jetzt ist zu befürchten, daß, obwohl mit Rußland eine Schutzmacht der serbischen Nationalisten – zumindest zeitweise – umgefallen ist, es wieder nicht gelingen wird, eine der Situation gemäße Friedenslösung durchzusetzen. Das auf Karadžić gemünzte Wort Tschurkins immerhin, er habe noch nie so viele Lügen gehört wie bei den letzten Verhandlungen, sollte bis in die nächste Verhandlungsrunde zu hören sein. Es geht um die Erkenntnis, daß es sich bei der Delegation aus Pale um Lügner und Verbrecher handelt, die im Namen einer Wahnidee Millionen von Menschen in den Abgrund reißen.

Immerhin wird jetzt wohl auch hinsichtlich der anderen Enklaven mit mehr Ernst ans Werk gegangen werden. Ein zweites Goražde würde dem Ansehen der Nato zu sehr schaden – dies als Grund dafür anzunehmen erscheint plausibler als die grundsätzliche Sorge um die eingeschlossenen Menschen. Und weiterhin steht in den Sternen, welche politischen Ziele von dieser „Internationalen Gemeinschaft“ überhaupt angestrebt werden. Wenn schon jetzt nicht einmal daran gedacht wird, die Karadžić-Soldateska auf ihre vor ihrer Offensive eingenommenen Stellungen zurückzudrängen, dann ist auch kaum zu erwarten, daß endlich kompromißlos das naheliegende Ziel für eine Friedensregelung formuliert wird. Weil es sich nämlich bei dem Krieg nicht um einen „Bürgerkrieg“ handelt, sondern um eine von außen beeinflußte und von nationalistischen Extremisten getragene Aggression, ginge es gemäß dem Völkerrecht darum, mit aller Kraft und Schritt für Schritt den bosnischen Staat in seinen bisherigen Grenzen wiederherzustellen. Immerhin ist ja der äußere Zwang im Konflikt zwischen Westherzegowina und Restbosnien heilsam gewesen. In einem solchen Fall dürfte jedoch der Präsident der USA nicht innerhalb einer Woche dreimal seine Meinung ändern. Erich Rathfelder

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