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Der Pfarrer und die Heiden

■ PDS-Liste in NRW nominiert Rheinhausener Pfarrer für den Bundestag

Essen (taz) – „Ich habe viele Pfarrer im Bundestag erlebt, und es wird höchste Zeit, daß die anständigen reinkommen. Das geht nur mit Hilfe der PDS.“ Mit diesen Worten stellte Gregor Gysi auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen PDS am Samstag in Essen seinen Kandidaten für den Bundestag vor. Dieter Kelp, Pfarrer aus Rheinhausen und dort jahrelang an der Seite der um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Stahlarbeiter aktiv, soll als Parteiloser der PDS helfen, den Einzug in den Bundestag zu schaffen. Das neue Bündnis wertet Kelp als ein „Signal der Hoffnung“ zur Versöhnung von Christen und Sozialisten. Kelp ist überzeugt, daß die PDS mit der militant atheistischen Linie ihrer Vorgängerpartei SED endgültig gebrochen hat. Er will mit der PDS für „Gerechtigkeit ohne Reservate und für Frieden, der nicht den Reichen dient“, streiten. Die in NRW 227 Mitglieder zählende Partei hieß ihn mit viel Beifall willkommen, dankbar und hoffend, von der Strahlkraft des Pfarrers ein wenig zu profitieren. Kritik an dem Gysi-Coup gab es kaum. Nur eine Delegierte bekundete ihre „Angst vor Christen“. Und dann folgte diese Drohung: „Ich werde Sie beobachten und bewachen, besser als es ein Gott könnte, wenn es ihn gäbe.“

Gysi selbst, der die Landesliste in NRW anführt, hatte sich zuvor von den Atheisten mit der Bemerkung abgesetzt, er sei „nur ein Heide“. Den Unterschied erklärte er seinen verdutzten Mitstreiterinnen so: „Ein Atheist lehnt Religion kämpferisch ab, zu einem Heiden ist Gott nur noch nicht gekommen.“ Das, so versprach Missionar Kelp, „werden wir verändern“. Die Delegierten lachten und wählten ihn auf Listenplatz drei. Nach Gysi folgt auf Platz zwei Ulla Jelpke, die 1990 über die NRW- Landesliste der PDS als einzige den Sprung in den Bundestag schaffte. Sollte die PDS bundesweit die Fünfprozenthürde nehmen bzw. drei Direktmandate in Ostdeutschland gewinnen, zöge die einstige linke Fundamentalistin der Hamburger Grünen wohl erneut in den Bundestag ein. Die PDS gibt sich zuversichtlich, ihr damaliges Wahlergebnis von 0,3 Prozent bei der diesjährigen Wahl deutlich verbessern zu können.

Mit seiner Kandidatur in NRW will Gysi, der gleichzeitig um ein Direktmandat in Ostberlin kämpft, „den bundesweiten Anspruch der PDS“ signalisieren. Neben der Interessenvertretung der Ostdeutschen sei es jetzt die Aufgabe der PDS, dauerhaft eine politische Kraft links von der SPD zu etablieren: „Da die Grünen sich entschieden haben, immer weniger links zu sein, ist hier ein Leerraum entstanden.“ Es sei wichtig, mit der PDS eine Partei zu haben, „die sich zur Oppositionsrolle bekennt“. Man wolle „nicht am Rande der Gesellschaft rummotzen, sondern sie verändern. Den Bundestag wollen wir nutzen, damit unsere politischen Alternativen öffentlich wirksam werden.“ Walter Jakobs

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